fullscreen: Vaterländisches Lesebuch für die mehrklassige evangelische Volksschule Norddeutschlands

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8. Morqengebele. 
1. Des Morgens, wenn ich früh aufsteh', 2."Du lieber Heiland, Jesu Christ, 
und Abends, wenn ich schlafen geh', der für uns Kinder kommen ist, 
sehn meine Augen, Herr, auf dich; wollst heute bei uns kehren ein 
Herr Jesu, dir befehl' ich mich. Amen! und deiner Schäflein Hirte sein. Amen! 
3. Wie fröhlich bin ich aufgewacht, 
wie hab' ich geschlafen so sanft die Nacht! 
Hab' Dank, im Himmel du Vater mein, 
daß du hast wollen bei mir sein! 
Nun sieh auf mich auch diesen Tag, 
daß mir kein Leid geschehen mag. Amen! 
9. Der Staar. 
Der alte Jäger Moritz hatte in seiner Stube einen abgerichteten Staar, 
der einige Worte sprechen konnte. Wenn zum Beispiel der Jäger rief: „Stär¬ 
lein, wo bist du?" so schrie der Staar allemal: „Da bin ich." 
Des Nachbars kleiner Karl hatte an dem Vogel eine ganz besondere Freude 
und machte ihm öfters einen Besuch. Als Karl wieder einmal kam, war der 
Jäger eben nicht in der Stube. Karl fing geschwind den Vogel, steckte ihn in die 
Tasche und wollte sich damit fortschleichen. 
Allein in dem Augenblicke kam der Jäger zur Thür herein. Er dachte dem 
Knaben- eine Freude zu machen und rief wie gewöhnlich: „Stärlein, wo bist 
du?" — Und der Vogel in der Tasche des Knaben schrie, so laut er .konnte: 
„Da bin ich." 
10. Das bittere Blümchen. 
(Parabel-) 
Eine Mutter ging an einem Frühlingstage mit ihrem Töchterlein hinaus, in 
das Gebirge. Und als sie nun draußen waren, freute sich das Mägdlein der 
vielen Blumen und Pflanzen, die am Wege standen und blüheten. 
Aber vor andern hatte sie Wohlgefallen an einem Blümchen, das war klein 
und zart und seine Farbe war röthlich und schön. Minna — denn also hieß das 
Mädchen — brach das Blümchen und betrachtete es mit Freude und küßte es 
und roch daran und konnte nicht aufhören, es zu preisen. 
Aber bald wurde sie alles dessen überdrüssig und satt. Sie verlangte noch 
größere Freude an dem Blümchen zu haben und steckte cs in den Mund und 
wollte es essen. 
Aber was folgte nun? Minna kam in vollem Laufe zur Mutter und 
weinte und rief: „O liebe Mutter, das-Blümchen war so schön von Gestalt und 
Farbe, und da aß ich es; aber nun ist es so bitter, daß es mir inwendig den 
Mund ganz kraus ziehet. O, pfui der bösen, häßlichen Blumen!" 
So sagte das Mägdlein. Aber die Mutter antwortete und sprach: „Mein 
liebes Kind, warum schmähest du die Blümchen? Sie sind doch noch immer so 
schön von Gestalt und Geruch; ist das nicht viel und genug? Man ißt ja auch 
die Blümchen nicht." 
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