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Die mittlere Zeit.
Schwerte auf die Schulter, wobei er durch feierlichen Eid gelobte, die
Wahrheit zu ehren, das Recht zu verteidigen, Witweu und Waisen und
die verfolgte Unschuld zu beschützen uud vor allem sein Schwert für die
Religion uud gegeu jede» Ungläubigen zu führen. Der Kaiser hatte
auch das Recht, verdiente Personen aus dem Bürgerstand zu Rittern zu
schlagen. Da uach den Anschauungen der damaligen Zeit auch die
Gelehrsamkeit adelte, so waren die Söhne der Gelehrten (Doktoren)
ebenfalls ri tt erb ürti g.
3. Die Turniere oder Kampfspiele lassen sich auf die altgerma¬
nischen Wassentänze zurückführen. Als Heinrich der Finkler die
Reiterei neu organisierte und einübte, war eine natürliche Folge davon,
daß solche Wassenspiele unter die Kriegsübnngen aufgenommen wurden.
Sie wurden mit großer Pracht abgehalten, und nur Adelige durften
daran Anteil nehmen. Diese vereinigten sich dann zn eigenen Tur¬
niergesellschaften, deren es in Deutschland vier große gab: die
rheinische, die fränkische, die schwäbische nnd die bayrische.
Diese zerfielen wieder in eine Menge kleinerer Gesellschaften. Das Tur¬
nieren selbst geschah zn Pferde mit Lanze und Schwert, oder zn Fuße
mit Streitaxt, Kolben, Pike und Schwert, nnd zwar in ganzen Scharen
gegeneinander, oder im Einzelkampfe vou Mann gegen Mann. Man
unterschied das Schimpfrennen, wobei man stumpfe „Lanzen und
Schwerter gebrauchte, und wobei es nur auf Spiel uud Übung abge¬
sehen war, uud das Schar fr einten, wobei von der scharfen Waffe
Gebrauch gemacht wurde und oft viel Blut floß, wie z. B. 1241 in
entern Turnier zu Nuys bei Köln sechzig Ritter um das Leben kamen.
Die Kirche war fortwährend gegen die Scharfreuueit. Die Turuierprcisc
bestauben in goldenen Ketten und Kreuzen, in reichverzierten Waffen,
kunstvollen Stickereien oder prächtig aufgeschirrten Rossen.
4. Die Städte waren entweder freie Reichsstädte, welche keinen
Herrn über sich anerkannten, als den Kaiser und das Reich, oder Land¬
städte, welche in den Gebieten der einzelnen Fürsten gelegen waren, und
in deren Namen fürstliche Beamte (Burggrafen, Schultheiße, Vögte)
die Hoheitsrechte, Gerichtsbarkeit, Müuzrecht, Marktrecht re. ausübten.
Allein diese Hoheitsrechtc wurden oft bedeutend durch die Privilegien be¬
schränkt, welche die Städte von den Fürsten erhielten, insbesondere wenn
sie denselben ans Geldverlegenheiten halfen. Die freigegebenen Einwohner
und die ritterbürtigen Bürger (Geschlechter) waren in der Regel allein
im Besitze der politischen Rechte. Die zinspflichtigeu Gewerbs- und
Ackerleute wurden genannt: Schutzbürger, weil sie ein Schntzgeld
entrichten mußten, mit in der Stadt ihren Aufenthalt nehmen zu dürfen;
Pfahlbürger, weil sie außerhalb der Umzäunung der eigentlichen
Stadt wohnten; Spießbürger, weil sie den Kriegsdienst zu Fuß mit
der Pike leisten mußten. Sie erkämpften sich erst später Anteil an der
bürgerlichen Verwaltung, insbesondere seit die Zünfte als geschlossene
Körperschaften auftraten.
5. Trotz des Gottesfriedens und des Landfriedens nnd trotz
der religiösen Wethe, welche die Kirche dem Rittertum erteilte, gab es
viele Raubritter, welche vou ihren Burgeu aus die wandernden Kauf¬
leute überfielen nnd die benachbarten Städte brandschatzten und dann
mit ihrem Raube in ihren festen Schlössern sich bargen. Auch sanken
arme Adelige zu Wegelagerern herunter, die von Plünderung lebten.
Gegen diese „Herren vom Stegreife" rote gegen die Raubritter
mußten die Städte die Ihrigen schützen. So schlossen schon 1303 Eß-