Full text: Streifzüge durch die Welt der Großstadtkinder

24. Der Tannenbaum. 
Im Walde hatte er gestanden, im großen, grünen Bick- 
beerenwalde, wo die Osterhasen ihr Nest haben. Uber er 
mochte nicht gern da fein; es war da so still, und da wachsen 
giftige Fliegenpilze, und Spinnen sitzen im Gebüsch, und der 
Boden liegt voll von nassen, gelben Blättern — nein, das ge¬ 
fiel dem Tannenbaum nicht, und er war froh, als eines Tages 
ein Bauer kam und ihn mit einem Beil abhackte und auf seinen 
wagen legte. Und der Bauer brachte den Baum in die Stadt, 
und nun fängt seine Geschichte an. 
Mitten in der Stadt war auch ein großer, grüner Wald 
— kein richtiger, ach nein, die Bäume hatten keine wurzeln 
mehr und lehnten an den wänden. Einige waren auch noch 
mit Stroh zusammengebunden, so daß sie ganz lang und 
schmal aussahen, andere aber steckten in einem langen Brett 
und standen aufrecht und breiteten ihre Zweige aus. Tin 
Mann mit rotgefrorenen Händen und mit einem Tuche um den 
hals machte unseren Baum zurecht, schnitt die schlechten Zweige 
ab, spitzte den Stamm zu, daß die weißen Späne davonflogen, 
und steckte den Baum endlich in ein viereckiges Brett hinein. 
Und der Boden um ihn herum lag voll von grünen Tannen¬ 
zweigen, 0 die dufteten, und die Uinder, die aus der Schule 
kamen, konnten sich die kleinen Zweige mitnehmen, um damit 
zu Hause Weihnachten zu spielen. 
Den ganzen Tag muhte der Mann auf dem Markte 
bleiben, er durfte seine Bäume doch nicht allein lassen; ja er 
mußte sogar sein Mittagessen ganz im Grünen, mitten zwischen 
den Bäumen verzehren. Tine Frau brachte es ihm, und der
	        
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