Full text: Streifzüge durch die Welt der Großstadtkinder

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Einleitung. 
veranschaulichungsmittel in der gegenwärtigen Schule, die nach 
diesem Gesichtspunkt zu beurteilen und verurteilen sind. 6n- 
schauungsmittel ersetzen nicht die geistige Kraft und können 
nicht für eine nicht vorhandene oder unentwickelte Vorstellung 
eintreten. Daher muß jedes Anschauungsmittel eine eigene 
Beobachtung des Kindes zur Voraussetzung nehmen können, 
muß bewußtlos Angeschautes zum Bewußtsein bringen oder zur 
Vergleichung mit Bekanntem veranlassen, wenn es eben die 
Anschaulichkeit des Unterrichtes unterstützen soll. Die äußere An¬ 
schauung muß die innere vervollständigen." (Sachse, ebenda 86.) 
Und die pfeifferschen Bilder zu den Herrschen Fabeln und 
die neuen farbigen Lithographien? Sie find schön, und damit 
sind sie gerechtfertigt. Schöne Bilder können nicht genug in 
unsern Schulen sein — sie sollen stille Begleiter unseres Unter¬ 
richts sein, sie lenken die Blicke immer wieder auf sich, sie 
bringen auch wohl eine Unterhaltung in Gang, sie lassen sich 
einem Gedankengang einfügen, man kann auf sie anspielen, sie 
können dem Lehrer helfen, mit einem Schlage ein ganzes inneres 
Bild lebendig zu machen. — Aber besprechen wollen wir sie 
nicht, dazu sind sie zu — schön! 
Sie sind also auch keine Anschauungsmittel. Und — das 
Pult? der Schrank? der Stuhl? Sie gehören sicher zu den ehr¬ 
würdigsten und ältesten Themen des Anschauungsunterrichtes, ja 
ich vermute, daß sie direkte Nachkommen jenes Tapetenlochs sind, 
das den Wendepunkt bezeichnet, wo es aus dem begrifflichen Verba¬ 
lismus in den anschaulichen Verbalismus hineingeht. Sind sie die 
geeigneten Anschauungsmittel? Ganz gewiß nicht. Es ist wohl 
der größte Fehler unseres Anschauungsunterrichts, daß er Einzel- 
objekte als Unterrichtsthemen ausgibt! Derartige Besprechungen 
sind, wie alle Lehrbücher beweisen, lebensarm, einseitig, ver¬ 
standesmäßig, oberflächlich und reich an Verbalismus. Wir wollen 
doch reden über die Dinge, folglich müssen wir uns frei machen 
von den Dingen, wir müssen in die Tiefe der Dinge vordringen, 
vordringen bis zu der Idee, die unsere Gedanken entfesselt und 
uns mit Bildern und Problemen versorgt. — Diese blutlose, 
vertrocknete Wirklichkeit ist auch kein Anschauungsmaterial.
	        
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