Full text: Die Praxis der Elementarklasse

Lektionen. Einleitende Unterredungen. 
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Gott hat noch kein Mensch gesehen. Er ist unsichtbar. Aber obgleich 
wir den lieben Gott nicht sehen können, so ist er doch bei uns Tag und 
Nacht; wir mögen sein, wo wir wollen, auf allen unsern Wegen begleitet 
er uns. Er ist auch hier in unserer Schule bei uns. — Der liebe Gott 
ist bei allen Menschen, auch bei den kleinen Kindern, bei euch; er sieht alles, 
was ihr tut; er hört alles, was ihr sprecht. Ja, er weiß sogar alles, was 
ihr in eurem Herzen denkt. Der liebe Gott weiß, ob du deinen lieben Eltern 
recht folgst, und ob du sie recht lieb hast; er weiß, ob du dich mit deinen 
Geschwistern zankst und streitest oder dich mit ihnen gut verträgst. Wenn 
du immer nur das Gute und niemals etwas Böses tust, dann freut sich der 
liebe Gott über dich und hat dich auch recht lieb. — Was wirst du deshalb 
niemals wieder tun? Warum willst du niemals etwas Unrechtes tun? — 
Seht, so dachte und handelte auch die fromme Anna, die einmal mit ihrem 
Bruder Jakob, als Vater und Mutter ausgegangen waren, allein zu Hause 
geblieben war. 
Jakob sagte zu Anna: „Komm, wir wollen im Hause etwas Gutes zu 
essen aufsuchen und es uns recht wohlschmecken lassen!" Anna sprach: „Wenn 
du mich an einen Ort hinführen kannst, wo es niemand sieht, so will ich 
mitgehen." „Nun," sagte Jakob, „so komm mit in die Milchkammer, dort 
wollen wir eine Schüssel voll süßen Rahm verzehren!" Anna sprach: „Dort 
sieht es der Nachbar, der auf der Straße Holz spaltet." „So komm mit in 
die Küche," sagte Jakob, „in dem Küchenschranke steht ein Topf voll Honig, 
in diesen wollen wir unser Brot eintauchen!" Anna sprach: „Dort kann die 
Nachbarin hineinsehen, die am Fenster sitzt und spinnt." „So wollen wir 
unten im Keller Äpfel essen," sagte Jakob, „dort ist es dunkel, daß es gewiß 
niemand sieht. Anna sprach: „O mein lieber Jakob, meinst du denn wirklich, 
daß uns dort niemand sieht? Weißt du nichts von jenem Auge dort oben, 
das die Mauern dnrchdringt und in das Dunkle sieht?" Jakob erschrak und 
sagte: „Du hast recht, liebe Schwester, Gott sieht uns auch da, wo kein 
Menschenauge uns sehen kann; wir wollen daher nirgends Böses tun." 
Anna freute sich, daß Jakob ihre Worte zu Herzen nahm und schenkte ihm 
ein schönes Bild, darauf war das Auge Gottes mit Strahlen umgeben, und 
darunter stand: 
Wo ich bin, und was ich tu', 
Sieht mir Gott, mein Vater, zu. 
Was wollte Jakob im Hause aufsuchen? Was wollte er mit diesen wohl¬ 
schmeckenden Speisen tun? Wer hatte das aber verboten? Wie nennen wir 
den, der etwas ohne Erlaubnis wegnimmt? Was tut der Dieb? Was ver¬ 
dient der Dieb? Wer wollte also auch ein Dieb werden? Warum fürchtete 
sich Jakob nicht, etwas Böses zu tun? Wen wollte er dazu verleiten? Was 
antwortete ihm aber Anna? Wohin wollte Jakob nun Anna führen? — 
Warum? Wer würde in der Milchkammer ihre Sünde sehen? Wer würde 
in der Küche den Diebstahl bemerken? Wo glaubte aber Jakob ganz sicher 
zu sein? Warum? Von wem erzählte ihm die fromme Anna etwas? — 
Wenn auch Menschenaugen das Böse nicht sehen, Gottes Auge durchdringt 
alle Mauern und die größte Finsternis. Wer nahm sich die gute Lehre auch
	        
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