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Sind so bleich,
Fallen gleich
Von des kalten Windes Weh'n,
Du mußt nackt und bloß dasteh'n.
Bäumchen, nicht so traurig sei!
Kurze Zeit
Währt dein Leid,
Und der Winter geht vorbei;
Bist nicht tot,
Grün und rot
Schmückt dich wieder übers Jahr
Gottes Finger wunderbar.
Hey.
(Freihofers Kinderbuch, 8. Ausl.
Vom Bäumlein, das andere Blätter hat gewollt.
Es ist ein Bäumlein gestanden im Wald
In gutem und schlechtem Wetter,
Das hat von unten bis oben
Nur Nadeln gehabt, statt Blätter.
Die Nadeln, die haben gestochen,
Das Bäumlein hat gesprochen:
„Alle meine Kameraden
Haben schöne Blätter an,
Und ich habe nur Nadeln,
Niemand rührt mich an.
Dürft' ich wünschen, wie ich wollt',
Wünscht' ich mir Blätter von lauter Gold."
Wie's Nacht ist, schläft das Bäumlein ein,
Und früh ist's wieder aufgewacht,
Da hat es goldene Blätter fein,
Das war eine Pracht!
Das Bäumlein spricht: „Nun bin ich stolz,
Goldene Blätter hat kein Baum im Holz!"
Und wie es Abend ward,
Ging ein Jude durch den Wald
Mit großem Sack und langem Bart.
Der sieht die gold'nen Blätter bald.
Er steckt sie ein, geht eilends fort
Und läßt das leere Bäumlein dort.