Full text: Staats- und Volkswirtschaftslehre

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[§19] 
lichen und wirtschaftlichen Schranken, so bleiben doch Sitte und 
Gewohnheit nicht ohne Einslus;, — Stand und Bildung sprechen hier 
viel mit. Der sogenannte kleine Beamte mus; — gewöhnlich aus 
Kosten der Ernährung — weit mehr aus Kleidung und Wohnung 
verwenden als der ein gleiches Einkommen genießende Arbeiter und 
Handwerker, lind der wahrhaft Gebildete wird sein Heim mit 
wenigen, einfachen, aber guten und gediegenen Kunstgegenständen 
schmücken, während der Durchschnittsmensch prunkende aber umso 
massenhaftere Imitation und Bazarware vorzieht. 
Man hat auch untersucht, wie sich das Verhältnis der ein¬ 
zelnen Menschen zur Konsumtion gegenüber ihrer Tätigkeit für die 
Produktion gestaltet. Diese Frage ist nicht leicht beantwortet. Wenn 
auch die Arbeitsunfähigen, besonders die Kinder, zu den ausschließlich 
konsumierenden Personen gehören, Bettler und Landstreicher ihnen 
in dieser Beziehung nahe stehen, so ist dies bei Kranken, Greisen. 
Pensionären und Rentnern schwer zu entscheiden, da diese alle, wenn 
auch nicht durch ihre Arbeit, jedoch vielfach durch Kapital sich an 
der Gütererzeugung beteiligen. Auch ist es falsch den Hausfrauen 
nur eine konsumierende Tätigkeit zuzuschreiben, vielmehr sind sie 
hervorragend durch Leitung des Güterverbrauchs in der Familie nicht 
nur in emzelwirtschaftlicher sondern auch in volkswirtschaftlicher Be¬ 
ziehung wirksam (vgl. §2 b). Daß durch die Konsumtion schließlich 
einmal ein völliger Güterverbrauch, namentlich an Bodenschätzen ein¬ 
treten muß (§ 16a), ist selbstverständlich, aber noch aus Generationen 
hinaus kein Gegenstand der Besorgnis. 
d) Wirtschaftliche und unwirtschaftliche Güterver¬ 
wendung. Wird bei einem möglichst geringen Verbrauch und Ge¬ 
brauch ein möglichst großer und dauernder Nutzen erzielt, so muß 
von einer wirtschaftlichen Güterverwendung geredet werden. Was 
aus dem Gebiete der Gütererzeugung die Arbeitsteilung und Arbeits¬ 
vereinigung bedeutet, ist hier Gebrauchsteilung und Gebrauchs- 
Vereinigung. Gerade die ersteren immer vollkommener zu machen 
bestrebt sich die Technik, es sei nur der Nebenprodukte bei der Leucht¬ 
gasbereitung und bei der Zuckerrübenfabrikation gedacht, oder auch 
an die Resterverwendung durch die Seifen-, Licht-, Linoleum-, Leim-, 
Papier-, Dünger- usw. Fabrikation. Im Ineinandergreifen der 
Landwirtschaft und bei den Warenhäusern pflegt die Gebrauchsver¬ 
einigung am deutlichsten hervorzutreten. Als Kennzeichen der Wirt¬ 
schaftlichkeit gilt die Sparsamkeit, aber eine solche, die nicht nur an 
den Augenblick oder bis morgen denkt, sondern stets aus das End¬ 
ergebnis sieht und das Ganze im Auge behält: wahre Sparsamkeit 
wählt nicht immer das Billigste, gibt auch bei Unternehmungen 
augenblicklich bedeutende Summen aus, da sie weiß, daß sie hierdurch 
um so größere Vorteile erlangt. Sie scheidet sich sehr wohl vom Geiz, 
der die gegenwärtigen Bedürfnisse meist zum Schaden für die Zu¬ 
kunft vernachlässigt. Die Verschwendung dagegen ist unnütze Güter-
	        
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