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[§19]
Verwendung, die nur zerstört aber keine neuen Werte schafft. Geiz
und Verschwendung bleiben ein Zeichen unwirtschaftlicher Güter¬
verwendung — allerdings kann nur von Fall zu Fall und oft sehr-
schwer geschieden werden, wo Geiz, Sparsamkeit und Verschwendung
sich scheiden. Nicht gleichbedeutend mit Verschwendung ist der Luxus,
d. i. der über die nötigen Bedürfnisse hinausgehende entbehrliche
Aufwand (vgl. § 16a). Dort wurde bereits angedeutet, das; die
Anschauungen geteilt sein können, was als nötige Bedürfnisse, was als
entbehrlicher Aufwand rechnet, oft entzieht es sich auch einer objek¬
tiven Beurteilung. Die dabei angeführten Beispiele lassen sich leicht
vermehren. Das geistige und künstlerische Schaffen braucht eine be¬
hagliche mit einem gewissen Aufwand eingerichtete Wohnung. Ter
mit dem Kopf Arbeitende, dem sein Berus die so nötige körperliche
Bewegung einschränkt, bedarf einer anderen Nahrung als die derbe
Kost des Handarbeiters. Er kann, um seinem Schaffen neue An¬
regungen und Kräfte zu geben, die Reisen in kulturell und land¬
schaftlich hervorragende Gegenden und teurer Bücher nicht entbehren,
während ein Landaufenthalt und gute volkstümliche Schriften dem
Arbeiter, von Ausnahmen natürlich abgesehen, vollauf Genüge leisten.
Jedes Volk, soll es nicht ganz aus der Kultur ausscheiden, braucht
einen gewissen Luxus, der damit einen volkswirtschaftlichen Charakter
trägt. Durch einen maßvollen Luxus, der sich in Gediegenheit der
Stoffe, in Schönheit der Farbe und Form, in Dust und Geschmack
äußert, wird ein idealer Sinn erzeugt, der aus dem rein Materiellen
und vom trockenen Nützlichkeitsstandpunkt zu geistig und ästhetisch
höheren Regionen erhebt. Sodann veranlaßt er immer neue Güter¬
erzeugung, regt zu neuen Warenarten an und beschäftigt ein Heer
von geistig und körperlich Arbeitenden. Große Teile geistiger Tätig¬
keit, alles künstlerische Schaffen fallen unter das Gebiet eines edlen
Luxus. Wo aber anstelle der Gediegenheit und Schönheit Kost¬
spieligkeit, unnötiger Prunk und Raffiniertheit, anstelle der Beguem-
lichkeit und Behaglichkeit Verweichlichung tritt, wo aus frohem
Lebensgenuß üppige Schwelgerei wird, da entartet der Luxus, da
ist er ein Zeichen unwirtschaftlicher Güterverwendung.
0) Die volkswirtschaftliche Güterverwendung. Cs
gibt zwei Konsumtionsgebiete, das privatwirtschaftliche und das des
Staates. Der Staat hat zahlreiche Bedürfnisse, es sei nur an die
Unterhaltung des Beamtentums, des Heeres und der Verkehrsange¬
legenheiten gedacht. Nur zu einem geringen Teil vermag er die
hierfür nötigen Gelder selbst zu produzieren, sofern er sich Erwerbsein¬
richtungen (Eisenbahnen, Bergwerke) dienstbar macht. Das meiste muß
er sich aus dem Wege der Besteuerung verschaffen. Für ihn ist im
Interesse des Gemeinwohls größte Sparsamkeit geboten, die aber
auch gewissen Schranken unterliegt. Den Beamten in leitender
Stellung muß er entsprechende Gehälter zahlen, da sie sonst leicht
den Anerbietungen der großen Handels- und Fabrikgesellschaften
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