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war vorläufig nur eine ziemlich rohe Feldgraswirtschaft, die Vieh¬
zucht blieb noch lange der wichtigere Teil der Landwirtschaft. Von
den Gewerben wird die Eisenbereitung am meisten geübt, daneben
tritt die Holzbearbeitung, die Töpferei und die Weberei, auch die
Salzbereitung; Handel wird, allerdings nur in bescheidenster Form,
vermutlich mit Salz, Waffen, Geräten und Böttcherwaren (Bierfässern)
getrieben.
d) Die Zeiten des römischen Einflusses und der
großen Wanderungen. Von bedeutungsvollstem Einfluß auf das
wirtschaftliche Leben der Germanen erweist sich die Berührung mit
der römischen Kultur. Die okkupatorische Tätigkeit erfährt durch die
römischen Händler eine wesentliche Anregung: Bernstein, Perlen,
Pelze, Federn, Vieh werden herbeigeschafft und zum Verkauf gestellt.
Dazu lernt man den Acker vorteilhafter zu bebauen und mit voll¬
kommeneren Werkzeugen zu bearbeiten. Vom 2. Jahrhundert an
bringen die Römer den Weinbau ins Moseltal, im 5. übertrugen
ihn die Germanen ins Rheintal, Obst und Gemüse lernt man kulti¬
vieren, römische Handwerker, wie Ziegelbrenner, Maurer halten ihren
Einzug. Dafür verlassen die germanischen Jünglinge die Heimat,
um sich in den Heeresdienst des römischen Imperiums zu stellen.
Die Einwirkungen nehmen vom Rhein und dem Zehntwall aus ihren
Anfang, doch wäre es falsch sie zu umfassend nach räumlicher Aus¬
dehnung und wirtschaftlicher Bedeutung zu veranschlagen, Hauptsache
blieb noch lange die Ackerbestellung. Hier fängt die Rodung an,
eine große Rolle zu spielen. Die Gewanne, d. h. die mühsam neu
gewonnenen Ackerstücke der Feldmark, werden jetzt nach der Zahl der
Familien in Streifen (Äcker) zerlegt, sodaß eine jede einen Streifen
von jedem einzelnen Gewanne (nicht einen einzigen Teil der Feld¬
mark) erhält; jedoch hört infolge der intensiven Arbeit die wechselnde
Verteilung auf. Im 6. Jahrhundert wohl ist der Ackerboden aus¬
schließlich Privateigentum geworden, während die Allmende noch
lange Gemeineigentum bleibt. Doch unterliegt die Art der Bebauung
der gleichfalls noch lange im „Gemenge" liegenden Ackerstücke, dem
Flurzwang, d. i. dem gemeinsamen Beschluß. Aus dem Privateigen¬
tum an der Hofstätte und dem Ackerlande sowie der Allmende¬
benutzung entsteht der Begriff der Hufe, die annähernd gleich groß
entwickelt war, — der Germane, genauer der Westgermane, ist nunmehr
endgültig aus dem Nomaden und Jäger ein Ackerbauer geworden, das
altgermanische Dorf, das mit der Markgenossenschaft nunmehr für
Deutschland charakteristisch wird, hat sich gebildet. Es sind das zunächst
kleine Haufendörfer, bei denen die Gehöfte wohl dicht gedrängt, aber
planlos nebeneinander nach verschiedenen Richtungen hin liegen und
eine regelmäßige Dorfstraße meist fehlt, später auch, durch Könige,
Klöster oder einzelne Leute veranlaßt, entstehen allerdings zunächst
nur spärlich und ausnahmsweise Einzelgehöfte. Mil Ausbildung der
Grundherrschaft (vgl. § 21b) kommen dann größere Dörfer auf, während