Full text: Staats- und Volkswirtschaftslehre

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[§2i] 
§ 21. Die Glanzzeit des deutschen Kaisertums. 
a) Das flieics) Karls des Großen. Nack) Unterwerfung 
der das Meer kühn durchkreuzenden Friesen, des „konservativsten" 
und der Sachsen, des „deutschesten" der deutschen Stämme, war die 
karolingische, abendländische Universalmonarchie errichtet. Karl dem 
Großen schwebten die Gedanken des augustinischen Gottesstaates vor: 
es sollte der Gottesstaat aus Erden entstehen, in dem er als das 
Oberhaupt die Herrschaft über sein Reich, aber auch über die Kirche 
ausübte, — durch Annahme der Kaiserwürde am Weihnad)tsseste 
800 erneuert er auch den Gedanken des Römischen Imperiums. 
Während Karl hierdurch seiner und seiner Vorfahren Wirksamkeit 
den Schlußstein aufsetzt, verbindet er die antike und die christlid)e 
Kultur mit der germanischen, er schließt Germanen und Romanen 
zusammen, er schasst aber auch die Grundlage für ein rein deutsches 
Reich, das seit der Regierungstätigkeit der sächsischen Kaiser mächtig 
emporblühen sollte. 
Die Königsmacht steigt noch weiter, der König ist hock) über 
dem Volke erhaben, das ihm den Treueid leisten muß, während für 
ihn diese Verpflichtung nicht besteht. Allerdings unterliegt die könig¬ 
liche Gewalt doch noch einzelnen Beschränkungen. Aus dem März¬ 
feld ist das Maiseld geworden, aus dem die weltliche und geistliche 
Aristokratie zum Reichstag zusammenkommt. Trotzdem der Herrscher 
rechtlich nicht an die hier gefaßten Beschlüsse gebunden ist, so findet 
doch, namentlich unter den späteren Karolingern, eine gewisse Ein¬ 
schränkung der Gesetzgebungsgewalt des Königs statt. Die Beschlüsse 
dieser Reichsversammlungen sowie die dem Bannrechte entspringenden 
Verordnungen des Königs werden in den Kapitularien geeint, die 
neben die alten Volksred)te als Ansang einer Reichsgesetzgebung 
treten (vgl. § 35 b). War auch trotz der vermehrten Erhabenheit 
des Herrschers der Einfluß der Untertanen aus die Reichsregierung 
ein wenig gewachsen, so sind doch die Stainmesherzvgtümer auf¬ 
gehoben und der Landesverwaltung eingegliedert. Diese ist eine 
durchaus zentrale. Das Reich wird in Gaue, die von Grafen, der 
Gau in Hundertschaften eingeteilt, die von Sd)ultheißen oder Zente- 
naren geleitet werden. Grasen sind null) über die Marken, d. h. 
die militärisch organisierten Grenzgebiete gesetzt, durch die das Reich 
nach außen abgeschlossen wird. Im Gerichtswesen führt der Graf 
den Vorsitz beim echten Ding, zu dem jeder Gemeinsreie erscheinen 
muß, beim gebotenen Ding dagegen der Schultheiß, dem sieben 
lebenslänglid)e Schössen als Urteilsfinder zur Seite stehen. Hier¬ 
durch wurde gerade für den kleinen Bauer, den der Zwang des 
Gerichtsbesuchs sehr drückte, eine große Erleichterung geschaffen. 
Auch im Heereswesen erfolgt insofern eine solche, als nicht jeder von 
den kleineren Besitzern dem Aufgebot folgen mußte, sondern indem
	        
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