Full text: Staats- und Bürgerkunde

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Deutsche Reich der Erwerb eigener Kolonien verhindert, seine 
wirtschaftliche Entwicklung gefährdet und der Erwerb von Reichtum 
und wirtschaftlicher Blüte in jenen andern Ländern begünstigt. 
Die hanseatischen Städte vermochten ihre alte Geltung zur See 
nicht zu behaupten; denn es gab keine deutsche Reichskriegsflagge, 
die ihren Wünschen auf Teilnahme am Kolonialhandel Rachdruck 
verschaffen konnte. So bestand ihr Handel als ein Überrest aus 
großen Zeiten zwar noch fort, er war indes nur sehr geringfügig. 
Zag und vorsichtig mußten sich der Hamburger und Bremer- 
Kaufmann, mit dem Hute in der Hand, durch die Länder hindurch¬ 
drücken. Nur durch die Eifersucht der einzelnen Mächte gegen¬ 
einander, durch die Geschicklichkeit, mit der man sich bald diesem, 
bald jenem Fremden als Schutzbefohlener unterordnete, blieb man 
am Leben. Im Kriege schließlich nahm bald dieses, bald jenes 
Land willkürlich die hanseatischen Schiffe als gute Beute fort. 
Auch noch im 19. Jahrhundert trat im Hafen von Hamburg 
die eigene Flagge weit zurück hinter den Flaggen der fremden 
Mächte, vor allem Englands. Im Jahre 1836 kamen von 
640 000 r, die im Hamburger Hafen verkehrten, auf die Hamburger- 
Flagge 80 000 k oder etwa 12°/0, auf alle deutschen Flaggen 
zusammen rund 160000 r oder 25°/0, während die Engländer 
allein über 280 000 t oder 44 °/0 verfügten. Dabei arbeiteten 
die Hanseaten vielfach mit fremdem Gelde oder gar für fremde 
Rechnung. 
Selbst der mächtigste deutsche Staat, Preußen, mußte es sich 
nach den Befreiungskriegen gefallen lassen, daß er durch die nord¬ 
afrikanischen Seeräuber vom Mittelmeerhandel und vom Handel 
nach Südamerika ausgeschlossen blieb. Preußen konnte nicht zur 
Abschließung von Verträgen mit jenen Raubstaaten gelangen und 
mußte, als England die angerufene Hilfe versagte, bei Schweden 
um Flaggenschutz nachsuchen. Roch am 28. Januar 1842 wandte 
sich der preußische Gesandte Bunsen im Auftrage des Staats- 
ministeriums abermals um Hilfe an England, als man sich durch 
die Entsendung marokkanischer Kreuzer bedroht meinte; und wieder¬ 
erhielt man von hier eine hochfahrende, kühle Abweisung. 
Eine Änderung brachte das mächtige Aufblühen des Deutschen 
Reiches infolge der siegreichen Kriege von 1866 und 1870/71; 
erst dadurch konnte man zu einer Kraftentfaltung auf den ver¬ 
schiedenen Gebieten gelangen. War das Fehlen des Seeverkehrs 
eine der für Deutschland verhängnisvollsten Folgen seiner früheren 
ungünstigen, politischen Zustände gewesen, so mußte jetzt der ^Auf¬ 
schwung hier vor allem beginnen. Daher entwickelte sich der 
deutsche ^Außenhandel gerade in der Richtung nach der See zu 
seit Anfang der siebziger Jahre in hervorragendem Maße und 
hob sich in Hamburg um 110 °/0. Zugleich gewann er zusehends 
an Selbständigkeit, indem er sich vom Zwischenhandel frei inachte 
und die Waren überseeischer Herkunft durch direkte Zufuhren 
heranzog. Die Zufuhren von Großbritannien urtb Irland nach
	        
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