6. Rede über Deutschlands Wehrkraft. ia'a'3'a 97
und Blut ein. Das sind Worte, damit kann ich nichts
machen. Worte sind keine Soldaten und Reden sind keine
Bataillone; und wenn wir den Feind im Lande haben, und
wir lesen ihm diese Reden vor, dann lacht er uns aus.
Ich bin also der Meinung, daß der historische Prozeß,
der seit drei Jahrhunderten zwischen uns und Frankreich
schwebt, nicht beendigt ist, und daß wir darauf vorbereitet
sein müssen, ihn von französischer Seite aus fortgesetzt zu
sehen. Wir sind gegenwärtig im Besitz des streitigen Ob¬
jekts, wenn ich das Elsaß als solches bezeichnen soll. Wir
haben gar keinen Grund, darum zu kämpfen; daß Frank¬
reich nach dessen Wiederoberung nicht strebt, kann keiner
behaupten, der sich irgendwie um die französische Presse
bekümmert. Hat es schon irgend ein französisches Mini¬
sterium gegeben, welches hat wagen dürfen, öffentlich und
bedingungslos zu sagen: wir verzichten auf die Wieder¬
gewinnung von Elsaß-Lothringen, wir werden darum nicht
Krieg führen, wir akzeptieren die Situation des Frank¬
furter Friedens geradeso, wie wir die Situation des
Pariser Friedens im Jahre 1815 akzeptiert haben, und
wir beabsichtigen keinen Krieg wegen Elsaß zu führen?
Gibt es in Frankreich ein Ministerium, welches den Mut
hätte? Nun, warum gibt es das nicht? An Mut fehlt es
den Franzosen doch sonst nicht! Es gibt das deshalb nicht,
weil die öffentliche Meinung in Frankreich dagegen ist,
weil sie gewissermaßen einer mit Dampf bis zur Explosion
gefüllten Maschine gleicht, wo ein Funke, eine ungeschickte
Bewegung hinreichen kann, um das Ventil in die Luft zu
sprengen und, mit andern Worten, einen Krieg herzu¬
stellen.
Cs wird das Feuer so sorgfältig geschürt und gepflegt,
daß man die Absicht, es zunächst nicht und auch nach
menschlichem Gedenken nicht zu benutzen, um es ins Nach¬
barreich hineinzuwerfen — in keiner Weise vorauszusetzen
berechtigt ist. Nun ist ja die Frage: ist die Möglichkeit, daß
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