56 
VII. Wirtschaftsleben und Finanzen 
Die Ablösung der aus Grund und Boden haftenden Dienste geschieht auf An¬ 
trag der Beteiligten. Die Naturalabgaben und Dienste werden nach ihrem Werte in 
eine Geldrente verwandelt und werden entweder sogleich mit dem 18 fachen Betrage 
abgelöst oder durch Weiterzahlung jährlicher Geldrenten allinählich getilgt. In letz¬ 
terem Falle tritt die Vermittlung einer Rentenbank ein. Durch die Gemeiuheits- 
teilung wird die gemeinschaftliche Nutzung ländlicher Grundstücke beseitigt. Abfin¬ 
dungen erfolgen in Land, das als freies Eigentum gegeben wird. 
Die neuere Agrargesetzgebung faßt aber neben diesen Befreiungen auch 
einige Einschränkungen ins Auge. Sie bezweckt die Erhaltung der Be¬ 
sitzungen in ihrem Bestände. 
Das Höferecht sichert die letztwillige Verfügung zugunsten eines einzelnen Erben. 
Die Errichtung von Rentengütern (in Westpreußen und Posen) zielt auf die Begrün¬ 
dung mittlerer und kleinerer Grundbesitzungen ab. Die Rentenbank streckt das Geld 
vor und bezieht dafür vom Käufer eine Rente zur Verzinsung und Tilgung der 
Kaufgeldes. Das Anerbeurecht sichert den Übergang dieser Güter auf einen Erben 
und ihre ungeschmälerte Erhaltung. Für alle diese Angelegenheiten sind die General¬ 
kommissionen zuständig. Berufungen und Beschwerden gehen an das Oberlandes- 
kulturgericht. 
y) Staatliche Förderung der Landwirtschaft. 
Der landwirtschaftliche Betrieb wird gefördert durch landwirt¬ 
schaftliche Kreditanstalten. 
Sie geben das Geld zu den nötigen Bodenverbesserungen (für den städtischen 
Grundbesitz bestehen private Hypothekenbanken). Die Kreditanstalten, Pfandbriefan¬ 
stalten genannt, werden in den einzelnen Landesteilen unter Zusammentritt größerer 
Besitzer zu „Landschaften" gebildet. 
Die Viehzucht wird auf dem Gebiete der Pferdezucht staatlich be¬ 
trieben, im übrigen nach Möglichkeit gefördert. 
Das Tierheilwcsen untersteht einem Landesveterinüramt. Eine Viehseuchenpolizei 
wird vom Staate dadurch geübt, daß durch Reichsgesetzgebung die Verletzung erlassener 
Absperr- und Aufsichtsmaßregeln mit Strafe bedroht, die Eisenbahn zur Entkeimung 
der Beförderungswagen angehalten wird. Ein Viehseuchengesetz ist vom preußischen 
Staate vorgesehen. 
d) Das Verkehrswesen. 
a) Behörden. 
Dem Verkehr dienen Eisenbahn, Post und Telegraphie. Das Post- 
und Telegraphenwesen unterliegt der Zuständigkeit des Reiches. Die Ver¬ 
waltung gehört dem Reichspostamt unter einem Staatssekretär. Von 
ihm sind die Oberpostdirektionen abhängig. Eine besondere Reichsbehörde 
zur Wahrnehmung der Eisenbahninteressen des Reiches ist das Reichs¬ 
eisenbahnamt. Im übrigen hat die Verwaltung der preußischen 
Eisenbahnen der Minister der öffentlichen Arbeiten, dem auch 
das Bauwesen zugewiesen ist. Ihm unterstehen die Eisenbahndirektionen. 
ß) Die Reichspost. 
Der Post zwang besteht in dem Verbot, verschlossene Briefe und Zei¬ 
tungen gegen Bezahlung zwischen verschiedenen Orten oder auch innerhalb 
dieser Orte anders als durch die Post zu versenden.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.