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Es war ein schöner Abend/ und Rosamunde machte
einen angenehmen Spaziergang mit ihrer Mutter nach dem
Hause des Pächters Frühauf; aber wie unangenehm sah
sie sich getäuscht/ als der Pächter ihr sagte, daß Anna schon
weg und diesen Morgen mit ihrer Mutter auf einer Land-
kutsche nach London abgereist wäre.
«Ach nun/ Mutter/» sagte Rosamunde/ «ist es doch
alles vergebens! Ich hätte eben so gut meine Dankbar¬
keit unterlassen können.»
«Geduld, Rosamunde/» antwortete ihre Mutter/ «er¬
innere Dich ihrer ein wenig länger; vielleicht werden wir
nächsten Winter/ wenn wir zur Stadt ziehen / eine Ge¬
legenheit haben/ diesem kleinen Mädchen oder ihrer Mut¬
ter gefällig zu seyn. Ich habe ihre Addresse/ und wenn
sie eine eben so gute Putzmacherin/ wie eine gute Frau
ist, so werde ich im Stande seyn/ ihr in mancher Hinsicht
nützlich werden zu können.»
«Du! o ist/ Mutter!» sagte Rosamunde; «aber was
kann ich thun? Du weißt/ ich habe nichts in der Welt
zu geben/ als Blumen; in der Stadt werde ich keine Ro¬
sen haben/ denn unser neues Haus hat keinen Garten. —
Aber/ liebe Mutter/» sagte Rosamunde/ von einem kläg¬
lichen Tone in einen fröhlichen übergehend — «ich denke
an etwas Hübsches! meine Hyacinthen! Willst Du mir
Erlaubniß geben/ Mutter/ sie nach der Stadt mitzuneh¬
men/ wenn wir dahin gehen? Und sobald wir nach Hause
kommen/ will ich Dir etwas zeigen/ das mir Orlando in
des .kleinen Gärtners Taschenkalender' gezeigt hat.»
«Hier ist es/ Mutter/» rief Rosamunde/ sobald sie nach
Hause gekommen waren/ und zeigte ihr des Gärtners Ta¬
schenkalender: ,Eine erprobte Methode/ Zwiebelgewächse
mit weniger Mühe und Kosten blühen zu machen, als in
Treibhäusern;' soll ich es Dir vorlesen? Bitte/ Mutter/
laß mich es vorlesen! Es ist nicht lang und ich will alle
überflüssigen Wörter auslassen.»