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IX. Die Kolonien nnd das Deutschtum im Auslande 
In Westungarn seit Karl dem Großen, in Mittelungarn und im Süden 
seit Karl VI., Maria Theresia, Josef II. sitzt die überwiegende Anzahl 
aller ungarländischen Deutschen. Das Streben der Magyaren nach einem 
national-einheitlichen Ungarn hat die Eigenart dieser tüchtigen Laudbauer, 
der ungarischen „Schwaben", in harte Bedrängnis gebracht. 
Bei der Vielheit der Nationalitäten und der Besonderheit der magyarischen 
Sprache hat die deutsche Sprache in Ungarn die Aufgabe der Vermittlung. Die 
2*/z Millionen Deutschen aber werden sich halten können, wenn die ungarische Ne¬ 
gierung einmal diese vortrefflichen und staatstreuen Bürger als die wichtigste Stütze 
gegen die Sonderbestrebungen der Rumänen, Slowaken und Serbokroaten erkennt. 
1») Die Deutschen in Rußland. 
Das Deutschtum der baltischen Provinzen geht zurück auf die An¬ 
siedlungen der Hansa im 12. Jahrhundert und den Ritterorden der 
Schwertbrüder, der im 13. Jahrhundert Estland, Livland, Kurland er¬ 
oberte. Sie sind der am weitesten nach Nordosten vorgeschobene Posten 
des deutschen Volkes. Sie nehmen über den lettischen und estnischen Land¬ 
bewohnern als Großgrundbesitzer und Städter eine Herrenstellung ein. 
Es fehlt ihnen aber, um diese Herrschaft bodenständig zu machen, ein 
mittlerer Bauernstand. Sie halten treu an deutscher Bildung und an ihrer 
lutherischen Kirche fest. Dem russischen Reiche haben sie die besten Feld¬ 
herrn, Staatsmänner und Gelehrten geliefert. Eine große deutsche bäuer¬ 
liche Einwanderung fand unter Katharina II. in Südrußland statt. Au 
der Wolga, am Schwarzen Meer, in Bessarabien, in der Krim und im 
Kaukasus haben die deutschen Ansiedler das Land bebaut und blühende 
Kolonistendörfer geschaffen. Aus der Pfalz, Schwaben und Oberbayern 
stammen diese deutschen Bestandteile. Auch sie bewahren deutsche Art in 
Sitte, Brauch und Glauben. Das baltische Deutschtum hat schwer mit 
den Letten und Esten zu kämpfen; die südrussischen Deutschen sind durch 
ungünstige wirtschaftliche Erscheinungen wie Verarmung, infolge der Ver¬ 
weigerung der Pachterneuerung durch die russische Regierung in schwieriger 
Lage. Ein großer Teil der gebildeten Balten hat daher seinen Weg ins 
Deutsche Reich gefunden, und deutsche Rückwanderer aus Südrußland hat 
man in unserer Ostmark neu angesiedelt. 
c) Die Teutschen tu Nordamerika. 
In die Gebiete der Vereinigten Staaten wanderten 1683 zunächst 
aus religiösen Gründen 13 Krefelder Mennonitenfamilien unter der 
Führung von Franz Daniel Pastorius aus. Aus politischen Gründen 
folgten um 1830 und 1848 neue Scharen. Die größten Mengen aber 
wandten sich nach Nordamerika infolge wirtschaftlicher und sozialer 
Nöte. In den Notjahren 1816/17 und 1846/47 gingen Hunderttausende 
über den Atlantischen Ozean.
	        
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