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lebe der Kaiser!“ Und als der Sturmwind vorübergebraust, da lag der
Stamm am Boden, bedeckt von seinen rötlichgoldgelben Blätiern. Das ist
Sage und Geschichte zugleich vom Birnbaum auf dem Walser Felde.
Im Hohenzollern⸗Museum zu Berlin aber wird den Besuchern ein
unscheinbares, graugestreiftes Stückchen Holz als besondere Merkwürdigkeit
gezeigt: es rührt von jenem Birnbaum her.
Schmidt und Schillmann.
194. Das Denkmal auf dem Niedermald.
Von Mainz bis Bingen strömt der Rhein in westlicher Richtung.
Da, wo er sich wieder nach Norden wendet, erhebt sich an seinem rechten
Ufer ein hoher Bergrücken, der Niederwald. Unen liegt, im Rheine sich
spiegelnd, das Städtchen Rüdesheim mit seinen glänzenden Hotels und
freundlichen Villen. Auf dieser Seite wächst am Abhange des Niederwalds
jener edle Wein, welcher „Rüdesheimer Berg“ genannt wird. Der Sage
nach sind von Karl dem Großen hier Traminer) Reben angepflanzt worden.
Darum singt der Dichter Emanuͤel Geibel in siner Rheinsage:
„Bei Rüdesheim, da funkelt der Mond ins Wasser hinein
und baut eine goldne Brücke wohl über den grünen Rhein.
Der Kaiser geht hinüber und schreitet langsam fort
und segnet längs dem Strome die Reben an jedem Ort.“
Gerade gegenüber dem Niederwald, am Ausfluß der Nahe in den
Rhein, liegt das alte Bingen, überragt von dem Rochusberge, der auf
seiner östlichen Ecke die Rochuskapelle trägt. Am Nordwestrande des Rochus
berges führt ein Weg nach dem Scharlachkopf, auf dessen Abhange nach der
Nahe zu der berühmte „Scharlachberger“ wüchst. Auf einem Felsen im
Rheinstrom erhebt sich der Mäuselurm, an den sich die Sage von dem hart⸗
herzigen Bischof von Mainz knüpft, welcher dort von den Mäusen gefressen
wurde.
Am nordwestlichen Ende des Niederwalds liegt, in eine tiefe Schlucht
eingeklemmt, Aßmannshausen, auch ein Weinort von großem Rufe. Wahr—
lich, wo drei solche „Helden von seltener Art“, wie der Rüdesheimer, der
Scharlachberger und der Aßmannshäuser, so nahe beisammenstehen, da ist
es gut sein, zumal wenn es ein paaͤr löbliche Weinjahre gegeben hat. Aber
auch außerdem ist es ein gar anmutiges Stück deutschen Landes, auf welches
das Niederwalddenkmal herabschaut.
Von Rüdesheim geht eine Zahnradeisenbahn nach der Höhe hinauf
zum Denkmal. Wer aber eine kleine Anstrengung nicht scheut, dem ist der
Fußpfad, der von Aßmannshausen hinaufführt, sehr zu empfehlen. Dieser
Weg windet sich zuerst durch Weinpflanzungen, dann durch Buschwald im
Zickzack an dem mächtigen Bergrücken aufwärts. Hinter dem sogenannten
Jagdschloß kommt man in hohen Eichen- und Buchenwald. In demselben
liegt die Rossel, eine künstliche Burgruine, von deren Turm man aine herr⸗
liche Aussicht genießt. Man sieht in das Rheintal hinab, hinüber nach
Tramin, alter Ort in Südtirol mil berühmtem Weinbau.