fullscreen: Die Heimat (3 = 4. Schuljahr, [Schülerband])

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zu Fuße gehen. „Du hast noch zwei Wünsche übrig“, dachte er und 
iröstete sich damit. Wie er nun langsam durch den Sand dahin— 
ging, und zu Mittag die Sonne heiß brannte, ward's ihm so warm 
und verdrießlich zu Mute; der Sattel drückte ihn auf dem Rücken, 
auch war ihm noch immer nicht eingefallen, was er sich wünschen 
sollle. „Wenn ich mir auch alle Reiche und Schätze der Welt wünsche“ 
sprach er zu sich selbst, „so fällt mir hernach allerlei ein, dieses und 
jenes, das weiß ich im boraus, ich will's aber so einrichten, daß mir 
gar nichts zu wünschen mehr übrig bleibt.“ Dann seufzte er und 
sprach: „Ja, wenn ich der bayrische Bauer wäre, der auch drei 
Wünsche frei hatte, der wußte sich zu helfen, der wünschte sich zuerst 
recht viel Bier und zweitens so viel Bier, als er trinken könnte, und 
driktens noch ein Faß Bier dazu.“ Manchmal meinte er, jetzt hätte 
er es gefunden, aber hernach schien's ihm doch zu wenig. Da kam 
ihm so in die Gedanken, was es seine Frau jetzt gut hülte; die säße 
daheim in einer kühlen Stube und ließe sich's wohl schmecken. Das 
ärgerte ihn ordentlich, und ohne daß er's wußte, sprach er so hin: 
„Ich wollte, die säße daheim auf dem Sattel und könnte nicht herunter, 
stati daß ich ihn da auf meinem Rücken schleppe.“ Und wie das 
letzte Wort aus seinem Munde kam, so war der Sattel von seinem 
Ruͤcken verschwunden, und er merkte, daß sein zweiter Wunsch auch 
in Erfüllung gegangen war. Da ward ihm erst recht heiß, er fing 
an zu laufen und wollte sich daheim ganz einsam in seine Kammer 
hinsetzen und auf etwas Großes für den letzten Wunsch sinnen. Wie 
r aber ankommt und die Stubenthür aufmacht, da sitzt seine Frau 
mittendrin auf dem Sattel und kann nicht herunter, jammert und 
schreit. Da sprach er: „Gieb dich zufrieden, ich will dir alle Reich— 
lümer der Welt herbeiwünschen, nur bleib da sitzen!“ Sie schalt ihn 
aber einen Schafskopf und sprach: „Was helfen mir alle Reichtümer 
der Welt, weun ich auf dem Sattel sitze; du hast mich darauf— 
gewünscht, du mußt mir auch wieder herunterhelfen.“ Er mochte 
wollen oͤder nicht, er mußte den dritten Wunsch thun, daß sie vom 
Sattel ledig wäre und heruntersteigen könnte, und der Wunsch ward 
alsbald erfuͤllt. Also haͤtte er nichts davon als Ärger, Mühe, Schelt— 
worte und ein verlorenes Pferd; die Armen aber lebten vergnügt, 
still und fromm bis an ihr seliges Ende. Grimm. 
188. Die beiden Bettler. 
Ich begegnete einmal auf der fliegenden Brücke bei Wesel 
einem alten, lahmen Invaliden. Er sprach mich um ein Almosen 
an. Ieh gab ihm einen halben Gulden. Da sah ich, wie er 
freudig zu einem armen Blinden, der auf einer andern Bank 
sals, Nnhinkte und die Gabe mit ihm teilte. Ich rief ihn zurück 
und fragte: „Vater, ist der dein Bruder oder Verwandter?“ —
	        
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