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Hauptlehrer Küstner von Sausenheim berichtet von einem „Schlacker 
Karl" d. i. der am Schlagbaum Wohnende. Biedesheim hat seine 
„Burggräber" (am alten Burggraben). 
Auch Körperteile bildeten häufig den Ausgangspunkt 
von Familienbezeichnungen: Breithaupt, Rauchhaupt, Weißhaar, 
Langbein u. a. m. 
Eine der merkwürdigsten aller Namensgruppen aber sind die 
S atzn amen des 15. und 16. Jahrhunderts, in denen teilweise die 
alte deutsche Kampflust atmet, manchmal in ihrer Uebertreibung zur 
derben Rauflust. Aber auch Spottnamen, welche die deutsche 
Trunksucht geißeln, neckische Anspielungen, finden sich in Menge: 
Hauenschild, Schüttespeer (schüttle den Speer), Hebenstreit (der den 
Streit anhebt), Kehrein, Suchenwirth, Schluckebier, Findekeller, 
ferner Iageteuffel, Bit den Düwel (Beiß den Teufel), Raumeland, 
Raumland (räume das Land). Arten diese Spottnamen auch 
manchmal ins Flegelhafte aus, so ist diese Unart noch immer er¬ 
träglicher als jene traurige Manier, die sich des guten deutschen 
Namens schämte und ihm einen höheren Glanz dadurch verleihen 
zu müssen glaubte, daß sie ihn in holpriges Latein übertrug, wie 
Lutz in Lucius; Kurtz in Curtius; Holzmann in Xylander. Ein 
gewisser „Moosmann", dessen Vater Schmied war, benannte sich 
eines schönen Tages vornehm „Faber", zuletzt gar „Fabronius", ein 
„Oehler" erborgte sich das hochklingende „Olearius". 
Ungemein zahlreich sind die Namen, die von irgend einer 
Ortsbezeichnung hergeleitet wurden. Vorbildlich waren für 
diese Art der Benennung die Ritter und Adeligen, die ihr Geschlecht 
nach ihrem Wohnsitze hießen. Diese Weise wurde dann auch von 
Leuten niederer Stände befolgt, indem sie sich entweder nach dem 
Volke, dem Stamm, der Landschaft oder dem bestimmten Wohnorte 
benannten, dem sie zugehörten. Daher finden wir Namen wie 
Deutsch, Baier, Schwab, Holstein, Westfal, Born, Ambach (am 
Bach), Auffenberg (auf dem Berg), Amstadt (am Staden), Homburg, 
Freinsheim, Karlstadt, Kronauer, Wiener u. a. m. 
Wie oft mag aber auch irgend ein glücklicher oder unglücklicher 
Zufall bei der Namengebung mitgewaltet haben, den kein Ety¬ 
molog mehr deuten kann. Ein geschichtlich bezeugtes Beispiel dieser 
Art, das ich der Liebenswürdigkeit des Herrn tzauptlehrer Keller in 
Kirchheim a. E. verdanke, möge für sich selbst reden: 
„Anno 1748 den 17. Marty auf Sonntag Oculi, Abends um 
8 Uhr wurde hier im Gäßchen am Kirchhof ein Kind, das etwa 
3 Tage alt geschähet, gefunden, welches, wie man aus allen Um¬ 
ständen wissen könne, nicht von hier, sondern von draußen her, von 
einer gottlosen Dirne hingelegt worden. Die Gemeinde hat es so¬ 
fort zur Verpflegung aufgenommen und des Joh. Friedr. Möbsens, 
hiesigen Kiefiers und Beysassen Ehefrau zu pflegen übergeben.
	        
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