Full text: Unser Heimatland Elsaß-Lothringen (Bd. 10)

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das die Herrschaften rechts vom Rheine selbständig machte, nicht für sie. Der 
französische König sah sich als ihren Herrn, sie selber als französische Städte 
an. Jedenfalls hätte er es nie zugelassen, daß sie sich ähnliche Rechte an¬ 
geeignet hätten, wie die Staaten rechts des Rheins sie durch Gesetz erhielten. 
Er zwang sogar noch andere Gebiete unter seine Herrschaft, die unzweifel¬ 
haft zum deutschen Reiche gehörten (Reunionen). 
Unterdessen ging man aber in den rechtsrheinischen Landen noch 
weiter. Die Zahl der Staaten wurde allmählich kleiner. Aus der Menge 
der großen und kleinen Landesherren schwangen sich einzelne empor, welt¬ 
liche Herren, meist solche, deren Land an und für sich schon ziemlich um¬ 
fangreich war. Sie unterwarfen sich nach und nach die kleineren und beerbten 
sie. Zuletzt (1803) hat Napoleon I. namentlich die drei süddeutschen Staaten 
(Baden, Württemberg, Bayern) groß gemacht, indem er die zahllosen kleinen 
Herren und die geistlichen Fürsten ihres Landes entsetzte und die erledigten 
Güter jenen Großen schenkte, zugleich mit einem Titel. 
So entstanden langsam die deutschen Staaten, die wir heute kennen. 
Alles das ging aber Elsaß-Lothringen nichts an. Bis zum Jahre 
1801 besaßen noch einzelne Fürsten auf linksrheinischem Boden Güter und 
Landschaften. Auch einige einheimische Herrschaften haben sich ihre Selb¬ 
ständigkeit gewahrt selbst in jenen Gegenden, die seit 1648 französisch waren. 
Mit dem Jahre 1801 hörte dies alles auf. Ganz Elsaß und Lothringen war 
nun französisch. In Provinzen wurde es abgeteilt, die man Departemente 
nannte. Nicht etwa einheimischen Herren wurde die Verwaltung derselben 
übertragen. Der französische Kaiser setzte seine Beamten, die „Präfekten" 
als Herren, als Regenten über sie. Von Paris aus wurden diesen die 
Befehle zuerteilt. Von dort aus wurden sie eingesetzt und abberufen, wie 
es der Regierung in Paris gut schien. So war Elsaß-Lothringen denn ein 
Teil des großen französischen Reiches, genoß alle Freiheiten, deren sich Frank¬ 
reich erfreute; aber von einzelnen selbständigen Staaten in Elsaß-Lothringen 
oder gar von einem einzigen selbständigen Staate Elsaß-Lothringen selber 
konnte keine Rede mehr sein. 
Und nun nochmals einen Blick auf die deutschen Staaten. Im Jahre 1806 
wurden sie völlig selbständig; bis dahin hatten die deutschen Fürsten, wie wir 
sahen, wenigstens noch unter dem Kaiser gestanden, waren ihm dem Namen 
nach untertan gewesen, wenn sie ihm auch oft genug nicht gehorcht haben. 
Nun hörte auch diese Schein-Untertänigkeit auf. Das alte Reich löste sich 
auf. Das war ein Unglück für Deutschland. Aber darauf kommt es hier 
jetzt nicht an. Wir wollen ja nur verfolgen, wie die deutschen Staaten zu 
unumschränkter Selbständigkeit auftückten. Seit 1806 war jeder deutsche
	        
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