Full text: Unser Heimatland Elsaß-Lothringen (Bd. 10)

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gaben von ihren Rechten noch her, damit eine starke Reichsgewalt entstehe, 
damit ein mächtiger Kaiser an die Spitze treten könne. 
Wenn wir deshalb zurückblicken auf die Geschichte unseres Landes, 
können wir nur den unglücklichen Zufall bedauern, der es gefügt hat, daß 
Elsaß-Lothringen in der Stunde, da die deutschen Staaten selbständig, mündig, 
wurden in staatlichen Dingen, aus dem Verbände des alten deutschen Reiches 
ausscheiden mußte. 
Als sie einen neuen Bund schlossen, konnte es diesen Bund nicht 
mitschließen. Noch stand es außerhalb des Kreises seiner Brüder, wenn. 
auch unmittelbar vor ihrer Türe. Können wir uns da wundern, daß unser 
Land nicht sofort ein selbständiger Staat wurde? Elsaß-Lothringen konnte 
ja nicht wie die andern sagen: Ich habe ein Recht auf meine Unabhängig¬ 
keit. Es hatte seit 200 Jahren keine Unabhängigkeit, keine Selbständigkeit 
mehr gehabt. So wurde der Kaiser der Regent des Landes für das Reich. 
Als Beauftragter des Reiches führt er die Regierung, und Elsaß-Lothringen 
ist Reichsland. 
So hat unsere Geschichte es verschuldet, daß uns mancherlei versagt 
blieb, was alle anderen deutschen Staaten haben. 
Doch wenn man etwas entbehrt, muß man sich immer wieder vor¬ 
halten, was man besitzt. Wohl fehlt uns der einheimische Fürst. Dafür 
steht der erste und oberste Mann des Reiches, dessen Lebensaufgabe es sein 
muß, die Sorge für alle Teile des Reiches am treuesten im Herzen zu 
tragen, an der Stelle, an der wir in den anderen Staaten den angestammten 
Fürsten sehen. Die Zeiten sind vorüber, da die deutschen Kaiser fremden 
Kronen nachjagten und das eigene Land vergaßen. Mehrer der Wohlfahrt 
des deutschen Volkes wollen sie sein. So dürfen sie das ihrer besonderen 
Sorge anvertraute Land nicht vernachlässigen. In gewissem Sinne sind wir 
„Reichsländer" sogar besser daran als die Deutschen. Wir können niemals 
in den Zwiespalt kommen, wer unserm Herzen näher stehen soll, der Landes¬ 
fürst oder der Lenker der Reichsgeschicke. Wir brauchen unsere Liebe nicht 
zu teilen. So knüpft die neue deutsche Zeit an die vergangene französische 
recht gut an. Auch als französischer Staatsbürger kannte der Elsaß-Lothringer 
nur einen Fürsten als Lenker und Leiter des Staates, den König oder 
den Kaiser. Diesem hat er gedient mit der Treue und Anhänglichkeit, 
die ein Merkmal unseres Stammes sind. Heute flattert wieder einzig und 
allein das Banner des Mächtigsten im Reiche über unsern Gauen. 
Diesem mit jener Treue und Anhänglichkeit zu huldigen, die uns unsere 
Väter vorgelebt haben, kann uns nur Freude, Stolz und Pflicht sein.
	        
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