Sobald wir aber unserer Sprache und unserer Geschichte gedenken,
wird uns deutlich, daß die Verwandtschaft noch weiter reicht. Drüben überm
Rhein tönen Laute, die uns bekannt genug klingen. Da eröffnet sich uns
ein noch weiterer Fernblick; wir fühlen uns als Teil eines großen stolzen
Volkes. Wohl haben wir unsere Besonderheiten, wie jeder deutsche Stamm
die seinen hat. Wir unterscheiden uns von den anderen Stämmen in Mundart
und in Sitte. Doch diese Unterschiede sind gering und unbedeutend und
können keineswegs vergessen machen, daß viel mehr Übereinstimmendes als
Trennendes vorhanden ist. Scheinen doch auch die Glieder einer Familie
äußerlich oft sehr verschieden, während sie im Charakter einander auffallend
gleichen.
Deutsche nennen wir uns. Was bedeutet dieser Name unter den
Völkern? Das müssen wir die anderen, die Fremden, fragen. Ein Volk
kann ebensowenig über sich ein völlig richtiges, unparteiisches Urteil abgeben,
wie ein einzelner Mensch sich selber richtig einzuschätzen vermag. Für jeden
Fremden, der ohne Vorurteil die Leistungen eines Volkes prüft, bedeutet
jener Name etwas Ehrfurchtgebietendes, wie jedes Volk durch gewisse
Leistungen Ehrfurcht abnötigt.
Der eine kennt vielleicht unsere großen, berühmten Dichter, hat sie
mit Bewunderung gelesen. Wenn wir uns vor ihm „Deutscher" nennen, so
sieht er hinter uns jene großen Männer stehen. Wir gehören zu diesen,
weil er bei unserm Namen an sie denkt. Ein anderer kennt unsere Erfinder,
und auch er nennt uns die Volksgenossen dieser Berühmten. Ein Dritter hat
unsere Geschichte, die Geschichte des deutschen Volkes, studiert. Er denkt
beim Klang des deutschen Namens an all die glänzenden Kriegshelden aus
unserer Geschichte, und auch für ihn gewinnen wir an Wert, weil wir
Volksgenossen dieser Männer uns nennen dürfen.
So ist also auch von unserm Volke ein gewaltiges Erbgut an
Ansehen, Ruhm und Ehre auf uns gekommen.
Jeder freut sich und ist stolz, wenn er auf diesen oder jenen Mann,
den viele kennen und achten, hinweisen und sagen kann: das ist mein Ver¬
wandter. Welche erhabene Verwandtschaft verbindet uns aber mit unserm
Volke, mit all den Helden und großen Männern, die einst gleich uns den
Namen „Deutscher" getragen haben! Darum ist das Glück und Bewußt¬
sein: „Ich gehöre zu dem und dem Volke", so etwas Großes und Herrliches.
Durch die andern, die mit uns zu demselben Volke gehören, werden wir
selbst bedeutender. Etwas vom Glanze der Vielen, Großen fällt auch auf
uns bescheidenere Menschen. Wir möchten darum, wenn wir auch nicht so
groß werden können wie sie, doch wenigstens gut werden, um dieser großen