fullscreen: Geschichte der neueren Zeit (Teil 3)

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ders waren die Strelitzen erbittert, weil er die Poteschni ihnen vorzog. 
Seine Schwester Sophie nährte von ihrem Kloster aus die Unzufrieden- 
heit, und so entspann sich bald eine neue Empörung. Als er eines 
Abends zu Preobraschenskoi in einer großen Gesellschaft bei Le Fort 
war, wurde er plötzlich hinausgerufen. Zwei Strelitzen warfen sich ihm 
zu Füßen und entdeckten ihm: „eine Rotte ihrer Brüder hätte sich in 
eine Verschwörung gegen ihn eingelassen. Die Verschworenen wollten 
in der nächsten Nacht Feuer anlegen und ihn, wenn er zur Hülfe herbei- 
eile, im Gedränge ermorden. Bis dahin wären sie in dem Hause des 
Staatsrates Sokownin versammelt." Peter erteilte sogleich dem Haupt- 
manne seiner Leibwache den schriftlichen Befehl, um elf Uhr das Haus der 
Verschworenen zu umzingeln und alle gefangen zu nehmen. Dann kehrte 
er in die Gesellschaft zurück, ohne das mindeste von der Sache zu er- 
zählen. Ilm zehn Uhr stand er von der Tafel auf. „Laßt euch nicht 
stören," sagte er, „ein kleines Geschäft ruft mich auf einen Augenblick 
ab." — Er setzte sich in einen Wagen und fuhr nach Moskau. Um 
halb elf Uhr langte er vor Sokownins Hause an. Zu seiner Verwun- 
derung faud er hier die Wache nicht; denn er meinte, daß er den Haupt- 
mann beordert hatte, schon um zehn Uhr zu erscheinen. Dennoch trat er 
hinein und fand alle Verschworenen versammelt. Bei seinem Anblicke 
fuhren sie erschrocken zusammen. „Lassen Sie sich nicht stören," sagte er 
mit scheinbarer Heiterkeit, „ich habe im Vorbeifahren Licht im Hause ge¬ 
sehen und eilte Gesellschaft vermutet; so bin ich denn hereingetreten, 
um noch ein Gläschen mit Ihnen zu trinken." Die Verschworenen faßten 
sich, indem sie glaubten, der Czar wisse von ihrem Vorhaben nichts; sie 
tranken auf seine Gesundheit, und Peter that tapfer Bescheid. Endlich 
winkte ein Strelitz dem Sokownin und flüsterte ihm zu: „Es ist Zeit, 
Bruder!" — „Noch nicht!" erwiderte dieser leise. Das hörte Peter. 
„Für mich aber ist es Zeit, Schurke!" schrie er, sprang auf Sokownin 
los und schwang ihm die geballte Faust ins Gesicht. Gerade jetzt, mit 
dem Schlage elf, trat der Hauptmann mit seinen Soldaten ein. — 
„Heran!" schrie der Czar, „bindet mir diese Hunde." Das geschah. 
Aber auch dem Hauptntanne der Leibwache gab er zornig einen derben 
Schlag ins Gesicht, weil er um eine ganze Stunde zu spät gekommen sei. 
Da aber der unschuldige Mann seinen schriftlichen Befehl vorzeigte, be- 
reuete Peter seine Übereilung, küßte ihm freundlich die Stirn und er- 
klärte ihn für einen braven Offizier. Dann fuhr er zu Le Fort zurück 
und verkündete der staunenden Gesellschaft, was vorgefallen, welch'
	        
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