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allein zur Bedeckung des Körpers, sondern vorzüglich zur Flugbewegung. Die
großen Flugfedern heißen auch Schwungfedern.
Die Tauben sind sehr verschieden gefärbt; doch haben fast alle einen
metallisch schimmernden Hals. Die Augen sind an dem kleinen Kopf seitlich
gestellt, die Ohröffnungen unter den Federn versteckt. Zur Aufnahme der
Nahrung dient der hornige Schnabel, dessen scharfe Ränder und harte Spitzen
die fehlenden Zähne ersetzen. Im Oberkiefer liegen die ritzenförmigen Nasen¬
löcher. Der eiförmige Rumpf endigt in einen sehr kurzen Schwanz (Bürzels
der nur durch die Schwanzfedern ein längeres Aussehen erhält. Am merk¬
würdigsten sind die Glieder. Die Beine mit den bekrallten Zehen gleichen
noch sehr den Füßen der Säugetiere, aber die zu Flügeln umgebildeten Vorder¬
glieder haben mehr Ähnlichkeit mit den Armflossen des Walfisches als mit
einem Fuß. Der nicht befiederte Teil des Beins wird Lauf genannt und
ist mit einer zähen Hornhaut umgeben. Bon den 4 bekrallten Zehen sehen 3
nach vorn, eine ist nach hinten gerichtet.
2. Nahrung. Die Taube nährt sich von allerlei Körnern, besonders
auch von den Samen des Unkrauts.
3. Fortpflanzung (Nestbau, Eier, Brutgeschäft, Junge). Das Weibchen
legt 2—3 mal je 2, selten 3 Eier, welche vom Männchen und Weibchen
abwechslungsweise ausgebrütet werden, Nach 15 bis 18 Tagen kommen zwei
blinde, nackte und noch sehr hilflose Junge aus dem Ei. Diese werden
von den Alten in den ersten Tagen mit einer Art Brei, dann mit erweichten
Körnern und zuletzt mit harten Sämereien geätzt. In etwa 4 Wochen
wächst ihnen das Federkleid; sie werden „flügge" und bedürfen der Alten
bald nicht mehr.
Das Ei besteht aus einer kalkigen Schale, einer lederartigen, weißen Haut,
dem Luftraum, dem Eiweiß, dem Dotter und dem Keimbläschen. Wie in der
Bohne ein verborgener Keim ruht, so schlummert auch in dem Ei eine lebendige
Kraft, welche sofort erwacht, sobald der alte Vogel dem Ei seine eigene Körper¬
wärme mitteilt, es bebrütet. Ein junger Vogel bildet sich und zersprengt die
spröde Schale, wenn seine Zeit gekommen ist. Manche junge Vögel kommen sehr
unvollkommen aus dem Ei, wie die Tanken, und bedürfen noch lange der sorg¬
fältigsten Pflege; man bezeichnet sich als Nesthocker; andere dagegen, wie die
jungen Hühnchen, springen sofort aus dem Nest, manchmal noch die Eierschale
auf dem Rücken tragend; sie werden Nestflüchter genannt.
4. Lebensweise. Gewöhnlich hält man die Tauben in eigenen Schlägen;
häufig nisten sie aber auch in Dachräume und Türme, zu denen sie freien
Zuflug haben. Die Stimme des Taubers ist ein Rucksen, die der Taube ein
sanftes Girren. Eine Menge häuslicher Tugenden hat die Tauben frühe schon
zu beliebten Haustieren gemacht.
5. Nutzen. Ihre außerordentliche Heimatsliebe, ein seines Gedächtnis
und ein guter Ortssinn befähigen sie zur Verwendung als Briefboten. Aus
100 Meilen entfernten Orten fliegen Brieftauben wieder zu ihrem Stalle und
legen dabei in 4 Minuten eine deutsche Meile zurück; ein Eisenbahnschnellzug
würde zu dieser Strecke 8 Minuten brauchen. Sehr beliebt ist auch das
Fleisch der jungen Tauben.
Speisekanal. Vom Mund aus gelangt die Nahrung in die sehr dehnbare
Speiseröhre, welche sich am Ende des Halses sackartig zum sogenannten Kropfe
erweitert. Hier wird die trockene Körnerspeise durch scharfe Säfte erweicht. Der
eigentliche Magen ist sehr dickwandig und besteht aus starken Muskeln. Innen