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hinter ihm nnd sprach : „Folge mir, die Stunde deines Abschieds
von der Welt ist gekommen !“ — „Wie,“ antwortete der Mensch,
„willst du dein Wort brechen? Hast du mir nicht versprochen,
dass du mir, bevor du kämst, deine Boten senden wolltest ? Ich
habe keinen gesehen.“ — „Schweig,“ erwiderte der Tod, „habe
ich dir nicht einen Boten über den andern geschickt? Kam
nicht das Fieber, stiess dich an, rüttelte dich und warf dich
nieder ? Hat der Schwindel dir nicht den Kopf betäubt ? Zwickte
dich nicht die Glicht in allen Gliedern ? Brauste dirs nicht in
den Ohren? Nagte nicht der Zahnschmerz in deinen Backen?
Ward dirs nicht dunkel vor den Augen? Uber das alles, hat
nicht mein leiblicher Bruder, der Schlaf, dich jeden Abend an
mich erinnert? Lagst du nicht in der Nacht, als wärst du
schon gestorben? “ Her Mensch wusste nichts zu erwidern,
ergab sich in sein Geschick und ging mit dem Tode fort.
Grimm.
7V. Her kommt -er Tod.
1. Der schnellste Reiter ist der Tod;
Er überreitet das Morgenrot,
Des Wetters rasches Blitzen.
Sein Roß ist fahl und ungeschirrt,
Die Sehne schwirrt, der Pfeil erklirrt
Und muß im Herzen sitzen.
2. Durch Stadt und Dorf, über Berg und Thal,
Im Morgenrot, im Abendstrahl
Gehts fort in wildem Jagen.
Und wo er floh im Ungestüm,
Da schallen die Glocken hinter ihm,
Und Grabeslieder klagen.
3. Er tritt herein in den Prunkpalast,
Da wird so blaß der stolze Gast
Und läßt von Wein und Buhle.
Er tritt zum lustgen Hochzeitsschmaus,
Ein Windstoß löscht die Kerzen aus,
Bleich lehnt die Braut im Stuhle.
B. Y. R.
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