Full text: [Stufe 5 = Schulj. 7 u. 8] (Stufe 5 = Schulj. 7 u. 8)

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mußte man nun einlassen ohne allen Dank. Ihnen folgten bald etliche 
Fußgänger, welche zum Anfang alles durchsuchten und schlugen und 
schossen, wer nicht parieren wollte. Mitten auf dem Markte hatte 
einer von jenen vierzehn meinen Schwiegervater mit dem Pistol vor 
den Kopf geschlagen, daß er sofort niedergefallen. Der Reiter ist ab¬ 
gestiegen, hat ihm die Hosen visitieret, und haben die Bürger, so auf 
dem Rathause gewesen, gesehen, daß der Dieb einen großen Klumpen 
Geld herausgezogen. Als dem Schwieger die Betäubung von dem 
Schlage vergangen und er aufgestanden war, mußte er mit in das 
Sternwirtshaus, wo sie zwar zu essen fanden, aber nichts zu trinken; 
da sprach er, er wolle heim und zu trinken bringen. Weil sie nun 
gedachten, er möchte ihnen entlaufen, nahmen sie das Zinn und Essen 
alles mit und kamen in unser Haus. Es währte nicht lange, so forderte 
einer Geld; da er sich nun entschuldigte, stach ihn der Tropf mit seinem 
eigenen Brotmesser in Gegenwart meines und seines Weibes, daß er 
zu Boden sank. Hilf Gott! wie schrie mein Weib und Kind! Ich 
stak in des Baders Haus über dem Ställchen im Stroh, sprang herab 
und wagte mich unter sie. Ich nahm meinen Schwiegervater, der da 
wie ein Trunkener taumelte, und trug ihn in die Baderstube, daß er 
verbunden wurde. Dann räumten die Soldaten das Haus und die 
Gasse. Ich wagte mich weiter und ging durch Baders Höflein in 
meines Schwähers Kammer, trug Betten und Kissen hinüber, worauf 
wir ihn legten. Noch weiter mußte ichs wagen, ich ging in den Keller, 
einen Labetrunk für den Schwiegervater zu holen. Kaum war ich 
hinüber, so kommt ein Schelm in die Badstube, wirft den Kranken vom 
Bett und sucht alles ans. 
Weil nun in der Stadt ein Metzeln und ein Niederschießen statt¬ 
fand, auch niemand sicher war, kamen in einer Stunde unterschiedliche 
Bürger, wollten sich verbinden lassen. Da gab mein Schwiegervater 
zu, daß ich ein Loch suchte und aus der Stadt käme, mein Weib und 
Kinder aber wollte er nicht mit mir lassen. Also ging ich auf die 
Schloßgärten zu, daß ich gen Holzhausen und Gellershausen zu sehen 
konnte, obs sicher wäre. Da fanden sich Bürger und Weiber zu mir, 
an mir einen Trost zu haben und mit mir zu reisen. Als wir nun 
bei beit Heideäckern waren, ritten acht Reiter, es waren Kroaten, oben 
auf der Höhe. Da sie uns gewahr wurden, errannten sie uns eilends. 
Zwei Bürger entkamen, ich mußte am meisten aushalten. Sie zogen 
mich aus, Schuhe, Strümpfe und Hosen, und ließen mir nur die Kappe. 
Mit den Hosen gab ich ihnen meinen Beutel Geld, den ich vor den 
ersten Mausern gerettet hatte. Die Not war so groß, daß ich nicht
	        
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