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bereitet man durch Vermischung mit Wasser den Branntwein. Man hat die
geistigen Getränke mit Unrecht als „flüssiges Brot" bezeichnet. Sie besitzen mit
Ausnahme des Bieres keinen Nährwert, unb das Bier ist etwa 15mal w teuer als
das Brot. Zum Aufbau des Körpers können die geistigen Getränke also nicht
dienen. Sie begünstigen aber die Verbrennung und damit den Verbrauch der im
Körper aufgespeicherten Nahrnngsstoffe und erhöhen so für kurze Zeit die Lei¬
stungsfähigkeit des Körpers wie des Geistes. Nach einiger Zeit aber tritt eine
um so größere Erschlaffung ein, so daß die Gesamtleistung durch den Genuß
geistiger Getränke herabgemindert wird. Das beweisen die Erfahrung, sowie be-
stimmte von den Ärzten angestellte Versuche. Die geistigen Getränke sind auch
kein Schutzmittel gegen Hitze und gegen Kälte; sie begünstigen vielmehr die
Krankheiten, die durch Hitze oder Kälte hervorgerufen werden können. Daher
wird seitens der Militärverwaltung strenge , darüber gewacht, daß die Soldaten,
die in der heißen oder kalten Zone dem Baterlande dienen (Schutztruppe, Marine)
keinen Branntwein trinken. Aber auch den anderen Soldaten ist verboten, zum
Dienst geistige Getränke mitzunehmen. „Bei der Verpflegung meiner Armee soll
an Stelle des Branntweins der Kaffee treten!" (Wilhelm I.) Unmäßigkeit tut
Genusse geistiger Getränke bringt sowohl dem einzelnen, als auch der Familie
und deni Staate unberechenbaren Schaden. Sie leert die Taschen („Wo ein
Wirtshaus steht, kann kein Backhaus stehen." „Junger Trinker, alter Bettler."
„Viel Zehren und Gasten leert Beutel und Kasten"), schädigt die Gesundheit („Es
trinken Taufende den Tod, eh' einer stirbt in Durstesnot") und bevölkert die
Krankenhäuser, Irrenanstalten und Gefängnisse. Im Jahre 1899 waren im
deutschen Reiche unter den Insassen der Krankenhäuser und Irrenanstalten
21361 Alkoholiker. Bei 6514 Personen war ausschließlich Alkoholismus die
Krankheitsursache. Mit Recht bezeichnete darum Generalfeldmarschall Graf
Hellmut v. Moltke den Alkohol als den größten Feind Deutschlands". Der
große englische Staatsmann Gladstone nannte ihn „ein größeres Übel als die
Übel des Krieges, der Pest und der Hungersnot zusammen". Und König Oskar
von Schweden sagte: „Ich wollte den schönsten Schmuck meiner Krone gerne
hingeben, wenn ich dafür mein Vaterland von der Herrschaft des Branntweins
befreien könnte." Und doch wird für den Branntwein viel, viel Geld ausgegeben.
Lassen wir Zahlen reden: Es ergibt sich für Deutschland im Durchschnitt des Jahr¬
fünfts von 1904 bis 1908 auf den Kopf der Bevölkerung ein jährlicher Verbrauch
von 3,86 I, an Bier von 116,66 1. Nimmt man als durchschnittlichen Preis für
ein 1 Branntwein den herkömmlichen Satz von 1 Mark, für ein I Bier 0,30 Mark
an, so ergibt sich eine jährliche Ausgabe auf den Kopf der Bevölkerung für Brannt¬
wein mit 3,86 Mark, für Bier mit 35,00 Mark, zusammen 38,86 Mark. Bei
einer Gesamtbevölkerung von 64 Millionen würde das einen jährlichen Auftvand
von 2487 Millionen Mark allein für Bier und Branntwein darstellen. Setzt man
den Verbrauch von Wein auf Grund früherer Schätzungen mit 5,82 1 auf den
Kopf ein und nimmt man als Preis für ein Liter Wein 1 Mark an, so erhöht
sich der genannte Betrag um 372,5 Millionen. Die gesamte jährliche Ausgabe
für alkoholische Getränke würde demnach annähernd nach wie vor aus nahezu
drei Milliarden Mark zu veranschlagen sein, also immer noch mehr als doppelt
soviel wie sämtliche Ausgaben für Heer und Marine, mehr als viermal soviel
wie die Aufwendungen für die gesamte Arbeiterversicherung und etwa fünfmal
so viel als die Ausgaben für die öffentlichen Volksschulen betragen. 120 000 Leute
(Abstinenten) gehören im Deutschen Reiche Vereinen an, die den Genuß geistiger
Getränke gänzlich verbieten. Etwa 15 000 Abstinenten treten jetzt alljährlich
diesen Vereinen bei. Außerdem verzichten viele Tausende freiwillig auf gcijtige
Getränke, weil sie die wohltätigen Wirkungen der Enthaltsamkeit erkennen.