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nicht erobert war, und das Volk, dessen Noth wuchs, gegen
ihn, den Friedensstörer murrte, so schob er alle Schuld auf
die Saumseligkeit und Schwäche der Feldherren, die schon
längst Sphakteria erobert haben könnten, wenn sie nur den
guten Willen hätten. Damals war der Feldherr Ni ci as
gerade in der Versammlung, und wie ihn Kleon vor dem
Volke der Feigheit beschuldigte, erbot er sich, ihm seine Feld¬
herrnstelle abzutreten, wenn er selbst einen Versuch zur Er¬
oberung der Insel machen wollte. Kleon, der diesen Vor¬
schlag nicht für Ernst hielt, war anfangs bereit, nachher
aber, als er merkte, daß Nicias Ernst machte, suchte er Aus¬
flüchte und lehnte den Oberbefehl ab, aber das Volk ließ
ihm nicht eher Ruhe, bis er ihn übernahm. Nun bequemte
sich Kleon dazu und versprach prahlerisch, die Spartaner in
zwanzig Tagen lebendig nach Athen zu bringen oder zu
tödten. Bei dieser Aeußerung brach das Volk in ein lautes
Gelächter aus. Doch war das Glück dem Prahler günstig.
Ein auf der Insel Sphakteria entstandener Waldbrand
machte den Boden kahl und erleichterte den Athenern die Er¬
oberung. Die auf der Insel eingeschlossenen Spartaner
mußten sich nach der tapfersten Gegenwehr ergeben, wurden
nach Athen gebracht und in Ketten gelegt.
Die Ereignisse des Krieges waren den Athenern nicht
immer günstig. In der Folgezeit erlitten sie besonders auf
der Halbinsel Chalcidike durch den Spartanischen Feldherrn
Brasidas bedeutende Verluste. Kleon trieb das Volk an,
das Verlorene wieder zu erobern und ging selbst mit einem
Heere nach der Halbinsel. Dieser Zug hatte wenigstens den
Vortheil, daß er Athen von diesem verderblichen Bürger be¬
freite. Kleon fand vor der Stadt Amphipolis bei einem
Rückzüge seinen Tod (422). Da auch Brasidas gefallen
war, gelang es dem gemäßigten Nicias, den Frieden herzu¬
stellen, der auf fünfzig Jahre abgeschlossen ward. (Nicischer
Friede.)
Stacke, Griech. Geschichte. 10. Aufl.
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