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Philipp Amphifsa eroberte. Dieser ging jetzt nicht wieder
zurück, sondern blieb in Lokris und besetzte Elatea, um sich
den Uebergang nach Böotien zu sichern.
Die Athener konnten sich nicht mehr länger täuschen, sie
erkannten, daß ihnen im folgenden Jahre der Entscheidungs¬
kampf um ihre Freiheit bevorstand. Mit rastlosem Feuer¬
eifer ermahnte Demosthenes die Athener und Thebaner zur
Eintracht und Abwehr gegen den gemeinsamen Feind, und
brachte ein Bündniß zwischen beiden Staaten zu Stande.
Im Jahre 338 v. Chr. kam es in den Ebenen von ^häron ea
in Böotien zur Schlacht. Philipp stand den Athenern, sein
Sohn Alexander den Thebanern gegenüber. Die Griechen
mußten der überlegenen Feldherrnkunst Philipps und der
Geübtheit seiner Schaaren unterliegen, sie erlitten eine voll¬
ständige Niederlage. Die heilige Schaar der Thebaner, 400
Mann stark, wurde niedergehauen; die Athener mußten dem
Andränge der Macedonischen Phalanx weichen.
Philipp soll in der Freude über diesen Sieg sich so ver¬
gessen haben, daß er im Uebermuth über das Schlachtfeld
hinlief und die stolze Kriegserklärung der Athener höhnend
hersagte. Da ries ihm ein Athener zu: „Wie, du spielst die
Rolle des Thersites, da dir das Schicksal die des Agamemnon
zugewiesen hat!" Doch zeigte Philipp gegen die Athener eine
seltene Großmuth, er gab ihnen den Frieden unter milden
Bedingungen, indem er ihnen ihre Gefangenen ohne Lösegeld
auslieferte, während die Thebaner die ihrigen loskaufen mußten;
auch legte er keine Besatzung in die Stadt, wie er dies in
Theben that. Als man ihm rieth, Athen zu zerstören, wies
er diesen Vorschlag mit den Worten zurück: „Wie, ich habe
so Vieles für den Ruhm gethan und sollte jetzt den Schau¬
platz des Ruhmes zerstören?"
Trotz der Niederlage ehrten die Athener den Demosthenes,
der doch am meisten zum Kriege gerathen hatte, sehr hoch;
eine besondere Auszeichnung erwiesen sie ihm dadurch, daß sie
ihn den bei Chäronea gefallenen Athenern die Leichenrede
halten ließen.
Philipp wurde nach seinem Siege auf einer allgemeinen
Versammlung der Griechischen Staaten zu Korinth (337) zum
Oberfeldherrn ernannt. Er beabsichtigte einen Feldzug gegen