Full text: Lesebuch für ländliche Fortbildungsschulen

194 VII. Der Hof und seine Ordnung, die Haustiere und ihre Pflege. 
Klauen untersuchen. Gebt eure Pranken nur her, so! Himmel, siud 
die plump! Die müssen euch weich geschlagen werden . . . zwanzig feste 
auf jede ... so! Tut's weh? Ich glaub's gerne. Den Eidechjeu 
hat's auch weh getan und deu Fröschen auch. Und jetzt utarsch wieder 
auf den Bodeil mit euch, so! Jetzt geht's Abmurxen los! Wenn ihr 
feilt stille haltet, finb wir in einer Halbelt Stuilde fertig." 
Der Gelehrte rollte seilte Augen gar fürchterlich, griff in seine 
rechte Hosentasche, zog eilt dolchähnliches Messer hervor uild ließ es 
tu der Sonne glitzern. 
Da raffte,: sich die windelweich geschlagenen Tierquäler auf, 
knieten vor dem furchtbaren Manne nieder, hielten die Hände bittend 
zusammen unb riesen unter einem Stroin von Tränen: 
„Habt Erbarmen, Herr, habt Erbarmen! Wir sind keine Wölfe, 
wir sind Menschen, und der Distelfinkpeter, der ist unser Vater. Tötet 
uns nicht, Herr! Um Gottes willen, laßt uns am Leben!" 
Da stellte sich der gelehrte Naturforscher gar erstaunt. „So et- 
lvas," sagte er, „ist mir in meinem Leben nie vorgekommen! Nun, 
da ihr reden und gar so demütig bitten könnt, so seid ihr a,n Ende 
doch Menschen. Aber wie ich euch so gesehen habe, die armen, wehrlosen 
Tierlein mit höllischer Grausamkeit schlagen und schinden, da habe ich 
euch für Wölfe halten müssen; denn so etwas tun keine Menschen, 
das kann nur ein wildes, blutdürstiges unb unvernünftiges Tier tun. 
Gut, daß ihr noch zur rechten Zeit gesprochen habt, sonst hätte ich 
euch bereits abgestochen. Aber inerft es euch für die Zukunft: So 
wehe, wie euch meine Schläge getan haben, so lvehe tut's dem Tiere, 
wenn man's verfolgt und quält. Und jetzt geht nach Hause uild er¬ 
zählt euren Eltern, was euch heute zugestoßen ist! Vielleicht lernen 
die auch etwas aus der Geschichte!" 
Da liefen die Buben wie zwei Windspiele davon. Der gute 
Naturforscher aber ging ins nächste Wirtshaus und erholte sich von 
seiner Drescherarbeit. Jos. Wichner. 
142(154). Grundsätze für die Jugend zum Schutze der Tiere. 
1. Dil sollst den Schöpfer auch in seinen Geschöpfen ehren unb 
Gottes Weisheit, Macht unb Güte auch in der Gestalt, im Leben uild 
Nutze,: der Tiere immer mehr unb mehr erkennen lernen. 
2. Du sollst ohne Not oder guten Gruild keinem Tiere Schmerzeil 
bereiten. 
3. Du sollst beim Töten solvohl der zur menschlichen Nahrung 
bestimmten als auch der schadeubriilgenden Tiere (Insekten llsw.) die 
schnellste und am wenigsten schmerzhafte Todesart tu Anwendung 
bringen. 
4. Du sollst beim Transporte der Tiere möglichste iL-chonung 
beobachten. 
5. Du sollst Zugtiere nicht gegen ihre Natur oder über ihre 
Kräfte anstrengen oder sonst grausam behandeln, z. B. durch Necken, 
Schlageil, Stehenlassen in großer Hitze oder Kälte uslv.; sollst nur im
	        
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