I. Der Bauernstand sonst und jetzt.
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Arbeit erleichtert intb den Ertrag erhöht hätte, scheiterte die gute ^Ab¬
sicht des Königs am Widerstande der Bauern. Wo der König durch¬
griff, da erhöhte sich der Wert der Güter um das 3—4fache. Nach
englischer Art begünstigte der König den Anbau von Futter kr äutern
und Hackfrüchten, um die Viehzucht zu heben und mehr Dünger
zu gewinnen. Auch die Stallfütterung führte er ein. Doch
machten die Neuerungen nur langsam Fortschritte. Der Tabak-,
Hopfen-, Flachs- und Waidbau wurde verbessert und verbreitet,
Baumfrevel mit Staupenschlag bestraft, die Fischzucht gehoben
und die Schafzucht durch die spanischen Merinoschafe verbessert.
Auch Gewerbe und Verkehr hob der König auf jede Weise.
Er verband die Flüsse durch Kanäle, legte einen Hafen an, besserte
die Wege und ließ in Fabriken Tuch, Leinwand, Porzellan u. a.
Waren herstellen. Berlin verschönte er durch schöne Bauten und die
Bildsäulen seiner liebsten Generale.
Um das Schulwesen stand es damals noch schlecht. Die meisten
Schulhäuser waren cieitbe Hütten, die meisten Lehrer unwissende
Kammerdiener, Handwerker oder ausgediente Unteroffiziere. Ties in
Dummheit intb Aberglauben steckte das Landvolk. Durch eine Land-
schulordnnng ordnete der König an, daß Schulen gebaut, ordent¬
liche Lehrer angestellt und die Jugend fromm und geschickt erzogen würde.
Besondere Sorgfalt verwandte Friedrich auf die Rechtspflege.
„Ungerechte Richter jiitb gefährlicher als eine Diebesbande!" sagte er.
„Der geringste Bauer, ja der Bettler, ist ein Mensch wie Seine
Majestät, und es muß ihm Gerechtigkeit widerfahren. Vor 'der Justiz
ist der Prinz dem Bauer gleich." Das Prozeßverfahren kürzte er ab,
die unmenschlichen Strafen beseitigte er, intb das „allgemeine Land¬
recht" ließ er ausarbeiten. Ein Beamter, der einen Bauern mit Stock-
schlägen mißhandelte, wurde mit 6 Jahren Festung bestraft. Wie der
König sich selbst unter das Gesetz beugte, zeigt die Geschichte vorn
Müller in Sanssouci.
Überall war sein scharfes Auge, um Mißstände zu entdecken, und
seine milde Hand, um zu helfen. Um seinen Untertanen viel geben
zu können, war er selbst sehr sparsam. „Preußen ist arm, darum muß
sein König sparen!" sagte er. Im Mai unternahm er Reisen in das
ganze Land. Dabei schenkte er auch dem Geringsten Gehör und unter¬
suchte alle Beschwerden. „Die armen Leute wissen, daß ich Landes¬
vater bin, darum muß ich sie fjörcii!" sagte er. Als er einst die Pferde
ivechseln ließ, drängte sich ein altes Mütterchen dicht an seinen Wagen.
„Was wollt Ihr, Mütterchen?" fragte der König. „Sie sehen, weiter
nichts!" war die Antwort. Der König reichte ihr einige Goldstücke
und sagte: „Auf diesen Dingern könnt Ihr mich ansehen, so oft Ihr
wollt!" Nach dem Beispiele des Königs dienten nun auch seine Be¬
amten^ unermüdlich und pflichttreu dem Wohle des Volkes.
Seine Zeit teilte der König sorgsam ein. „Nichts sieht dem Tode
ähnlicher als Müßiggang!" meinte er. Sich selbst nannte er den ersten
Diener des Staates. Als Fürst wollte er das Glück des Volkes,
das Volk aber sollte der Ruhm des Fürsten sein. Schon um 3 oder 4 Uhr