Full text: Die weite Welt (Schulj. 7 u. 8)

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freude hin und her. Nachdem wir mit der neuen Lampe noch aller¬ 
lei versucht hatten und die Stube endlich voll Rauch und Gestank 
geworden war, schalt der Hausherr dieser höllischen Flamme ein 
Schimpfwort zu und blies sie aus. Die Kerze brannte mit stiller 
Würde fort, und der Meister sagte: „Ja, ja, die Ganzgescheiten heut¬ 
zutage, bisweilen schmiert man sie halt doch an, die alten Leut' sind 
auch keine Esel gewesen." 
„Was ist denn das für ein Öl, das Petroleum?" fragte jetzt der 
Geselle. „Das soll aus der Erde herausrinnen," erklärte der Kauf¬ 
mann. „Ja so," rief der Geselle, „nachher wird's freilich das helle 
Wasser sein." „Sei mir still," sagte jener und stellte die so vornehme 
und doch so untaugliche Lampe in den Winkel. 
Nun vergingen zwei Tage. Da kam ein Feiertag, und der 
Meister und der Hausherr gingen frühmorgens in die Kirche. Ich 
saß allein bei der Kerze und schneiderte; nur eine war im Hause, die 
vorhin die Kühe gemolken hatte und sich dann an meinen Tisch setzte, 
um an ihr Christtagskleid ein seidenes Schleiflein zu nähen. Da 
wollten wir's noch einmal versuchen mit der neuen Lampe. Wir 
zündeten sie an und stülpten das Glas darüber; aber es war das¬ 
selbe trübe, rußige Licht wie das erste Mal. Ich drehte sie höher 
und tiefer und zuletzt so tief, daß der Docht ganz in die eichelförmige 
Hülse zurückging. Und jetzt ward's hell; aus dem Spalte strahlte 
eine breite, blendend weiße, rauchlose Flamme hervor; wir erschraken 
vor dem hellen Schein, der auf Tisch und Wand und unsern Gesichtern 
lag. So sind wir dem Geheimnis der Wunderlampe auf die Spur 
gekommen, und als die beiden Alten aus der Kirche zurückkehrten und 
in der Stube die lichte Herrlichkeit sahen, rief der Hausherr freudig 
aus: „Da haben wir's ja! Wer hat's denn zuweg gebracht?" Noch 
einmal ist die Kerze neben der neuen Lampe angezündet worden, ach 
wie armselig, wie totenblaß! „Schäm dich!" rief der Meister und 
blies sie undankbar aus. Ich aber wüßte keine Neuerung, welche 
beim Landvolke so rasch Eingang gesunden hat, als vor fünfund¬ 
zwanzig Jahren die Petroleumlampe. P. K. Rosegger. 
171. Die Uhr. 
1. Es war zu Anfang des neunten Jahrhunderts, als der 
Frankenkönig und römische Kaiser Karl der Große ausländischen Be¬ 
such erhielt. Eine Gesandtschaft von braunen, kostbar gekleideten 
Arabern war es, die im Auftrag ihres mächtigen Kalifen, Harun al 
Raschid,, dem berühmten christlichen Herrscher wertvolle Geschenke 
überreichte. Da gab es allerhand Schönes zu bewundern: edle Pferde 
und kostbare Hunde, künstliche Gewebe und goldenen, fein gearbeiteten 
Schmuck; was aber die fränkischen Großen am meisten anstaunten, das 
war eine Wasseruhr. Sie bestand aus feiner, mit Gold eingelegter
	        
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