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48. Im Cazarett.
's ist Mitternacht. — Ich liege fieberheiß in meines Kranken⸗
lagers Kissen.
Es schmerzt mein Bein. Die Wunde brennt, die tückisch ein
Schrapnell gerissen. —
Aus wirren Träumen fahr' ich jäh empor,
als müßt' ins Feld ich kämpfend zu den Brüdern eilen.
b Der Lärm der Schlacht klingt dröhnend mir ins Ohr;
ich hör' Gewehre knattern und Granaten heulen
und seh' mich stürmen meinem Zuge weit voran:
Drauf, drauf! Sie sollen und sie werden weichen!
Und ob wir fallen Mann für Mann,
10 den Waldrand drüben müssen wir erreichen!
Und Bild auf Bild zuckt jagend mir durchs Hirn:
zerstampfte Felder — rote Flammenmeere —
der Freund, der mir zur Seite stürzte mit durchbohrter Stirn —
einsame Wacht im bleichen Licht der Sternenheere.
15 Dann — ausgelöscht der Schrecken und der Graus.
Im tiefen Frieden seh' mein Heimatdorf ich liegen
und kehr', von banger Irrfahrt müd', nach Haus
und darf die Stirn zur lieben Hand der Mutter biegen
und darf mit heil'gem Stolze ihr das Höchste weisen,
20 was ich im Kampf errang: das Kreuz von Eisen. ...
Ein Mondstrahl stiehlt durchs Fenster sich herein.
Ein Lächeln auf den Lippen — schlaf ich — selig — ein.
Karl Plenzat. (CTägl. Rundsch. Nr. 85, 14. April 1915.)
49. Aus dem Leben eines Feldpfarrers.
236. Februar 1915
Die täglichen, wenn auch vergeblichen französischen Angriffe auf unsere
Division bedeuten für unsere Sanitätskompagnie eine überaus anstrengende
Zeit. Schier Übermenschliches leisten neben den Ärzten vor allem die
Krankenträger und Wärter, die Tag und Nacht ihren schweren Dienst aus—
üben und oft nur für einen Augenblick die Augen schließen können. Aus
ihren Unterständen telephonieren die Truppen der Sanitätskompagnie die
Zahl der Verwundeten. Nachts schickt die Kompagnie ihre Krankenträger