VII. Romanze und Ballade.
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Lieb', Ehre, Tugend, alles Schein und Lüge!
Nichts unterschied vom reißenden Getier
Dies Kotgeschlecht als im ehrlosen Munde
65. Der Falschheit Honig und im Herzensgründe
Die größre Feigheit und die wildere Gier.
Wo war ein Freund, der nicht den Freund verriet?
Ein Bruder, der nicht Brudermord gestiftet?
Ein Weib, das lächelnd nicht den Mann vergiftet?
70. Nichtswürdig alle — stets dasselbe Lied.
Da ward auch ich wie sie. Und weil nur Schrecken
Sie zähmte, lernt' ich, Schrecken zu erwecken;
Und Krieg mit ihnen führt' ich. Zum Genuß
Ward ihre Qual mir, ihr verendend Röcheln.
75. Ich schritt ins Blut hinein bis zu den Knöcheln —
Doch auch das Grausen wird zum Überdruß.
Und jetzt, nur noch gequält vom Strahl des Lichts,
Matt, trostlos, reulos starr' ich in das Nichts."
Sein Wort ging tonlos aus; er keuchte leis
80. Im Krampf, von seinen Schläfen floß der Schweiß,
Und graß verstellt, wie eine Larve, sah
Sein blutlos Antlitz. Zu des Lagers Stufen
Trat Marco da: „Soll ich den Casus rufen,
Herr, deinen Enkel, den C a l i g u l a?
85. Du bist sehr krank
Doch jener: „Schlange, falle
Mein Fluch auf dich! Was geht dich Cajus an!
Noch leb' ich, Mensch. Und Cajus ist wie alle.
Ein Narr, ein Schurk', ein Lügner, nur kein Mann!
Und wär' er's, frommt es nicht; kein Held verjüngt
90. Rom und die Welt, wie er mit Blut sie düngt.
Wenn's Götter gab’, auf diesem Berg der Scherben
Vermöcht' ein Gott selbst nicht mehr Frucht zu ziehen;
Und nun der blöde Knab'! Nein, nein, nicht ihm,
Die Rachegeister; welche mich verderben,
95. Die Furien, die der Abgrund ausgespien,
Sie und das Chaos setz' ich ein als Erben,
Für sie dies Scepter!" —
Und im Schlafgewand
Jach sprang er auf, und wie die Glieder flogen
Im Todesschweiß, riß er vom Fensterbogen
100. Den Vorhang fort und warf mit irrer Hand
Hinaus den Stab der Herrschaft in die Nacht.
Dann schlug er sinnlos hin.