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Berghängen den Marsch des Fußvolks begleitend, ihm durch ge¬ 
schlenderte oder herabgerollte Steine, sehr beträchtlichen Verlust zu¬ 
fügten. An dem „Weißen Stein" (noch jetzt Ja röche blanche), einem 
hohen einzelnstehenden Kreidefels am Fuß des Bernhard, der den 
Ausweg beherrscht, lagerte Hannibal mit seinem Fußvolk, den Abzug 
der die ganze Nacht hindurch mühsam hinaufklinimenden Pferde unb 
Saumthiere zu decken, und erreichte unter beständigen, sehr blutigen 
Gefechten endlich am folgenden Tage die Paßhöhe. 
7. Hier auf der geschützten Hochebene, die sich um einen kleinen 
See, die Quelle der Doria, in einer Ausdehnung von 21/2 Miglien 
ausbreitet, ließ er die Armee rasten. Die Entmuthigung hatte an¬ 
gefangen sich der Gemüther der Soldaten zu bemächtigen. Die immer 
schwieriger werdenden Wege, die zu Ende gehenden Vorräthe, die 
Desildenmärsche unter beständigen Angriffen des unerreichbaren Fein¬ 
des, die arg gelichteten Reihen, die hoffnungslose Lage der Ver¬ 
sprengten und Verwundeten, das nur der Begeisterung des Führers 
und seiner Nächsten nicht chimärisch erscheinende Ziel fiengen an auch 
die afrikanischen und spanischen Veteranen zu demoralisiren. Indeß 
die Zuversicht des Feldherrn, die Rückkehr zahlreicher Versprengter, 
die erreichte Wasserscheide, der Blick auf die Fluren Italiens, die 
Nähe der befreundeten Gallier stellten nebst der kurzen Rast die Hal¬ 
tung der Truppen einigermaßen wieder her, und mit erneutem Muthe 
schickte mau zu dem letzten und schwierigsten Unternehmen, dem Hinab¬ 
marsch, sich an. 
8. Von Feinden war das Heer dabei nicht wesentlich beun¬ 
ruhigt; aber die vorgerückte Jahreszeit (man war schon im An¬ 
sang Septembers) vertrat bei dem Niederweg das Ungemach, das 
bei dem Ausweg die Überfälle der Barbaren bereitet hatten. Auf 
dem steilen und schlüpfrigen Berghang längs der Doria, wo der frisch¬ 
gefallene Schnee die Pfade verborgen und verdorben hatte, verirrten 
und glitten Menschen und Thiere und stürzten in die Abgründe; ja 
gegen das Ende des ersten Tagemarsches gelangte man an eine Weg¬ 
strecke von etwa 200 Schritt Länge, auf welche von dem steil darüber 
hängenden Felsen des Cramont beständig Lawinen hinabstürzen, und 
wo in kalten Sommern der Schnee nicht wegzuthauen pflegt. Das 
Fußvolk gieng hinüber; mit dem Trosse, der Reiterei und den Ele¬ 
phanten nahm der Feldherr oberhalb der schwierigen Stelle das 
Lager. Am folgenden Tag vermochten die Reiter durch angestrengtes 
Schanzen den Weg für Pferde und Saumthiere zu bahneu; allein
	        
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