Full text: Deutsches Lesebuch für obere Gymnasialklassen

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Am dritten Tage, als sie beisammen draußen waren und der Wolf 
mit Mühe nur forthinkte, sprach er doch wieder: „Rotfuchs, schaff mir was 
zu fressen, oder ich fresse dich selber auf." Der Fuchs anwortete: „Ich 
weiß einen Mann, der hat geschlachtet, und das gesalzene Fleisch liegt in 
einem Fasse im Keller, das wollen wir holen." Sprach der Wolf: „Aber 
ich will gleich mitgehen, damit du mir hilfst, wenn ich nicht fort kann." 
„Meinetwegen," sagte der Fuchs und zeigte ihm die Schliche und Wege, 
auf welchen sie endlich in den Keller gelangten. Da war nun Fleisch im 
Überfluß, und der Wolf machte sich daran und dachte: Bis ich aufhöre, 
hat's Zeit. Der Fuchs ließ sich's auch gut schmecken, blickte überall herum, 
lief aber oft zu dem Loche, durch welches sie gekommen waren, und ver¬ 
suchte, ob sein Leib noch schmal genug wäre, durchzuschlüpfen. Sprach der 
Wolf: „Lieber Fuchs, sage mir, warum rennst du so hin und her und 
springst hinaus und herein?" „Ich muß doch sehen, ob niemand kommt," 
antwortete der Listige, „friß nur nicht zu viel." Ta sagte der Wolf: „Ich 
gehe nicht eher fort, als bis das Faß leer ist." Indem kam der Bauer, 
der den Lärm von des Fuchses Sprüngen gehört hatte, in den Keller. 
Der Fuchs war, wie er ihn sah, mit einem Satze zum Loche hinaus; der 
Wolf wollte nach, aber er hatte sich so dick gefressen, daß er nicht mehr 
durch konnte, sondern stecken blieb. Da kam der Bauer mit einem Knüppel 
und schlug ihn tot. Der Fuchs aber sprang in den Wald und war froh, 
daß er den alten Nimmersatt los war. Brüder Grimm. 
13. Der Hase und der Fuchs. 
Ein Hase und ein Fuchs reisten beide miteinander. Es war Winters¬ 
zeit, es grünte kein Kraut, und auf dem Felde kroch weder Maus noch 
Laus. „Das ist ein hungriges Wetter," sprach der Fuchs zum Hasen, 
„mir schnurren alle Gedärme zusammen." — „Ja wohl," antwortete der 
Hase; „es ist überall Dürrhof, und ich möchte meine eigenen Löffel fressen, 
wenn ich damit ins Maul langen könnte." 
So hungrig trabten sie miteinander fort. Da sahen sie von weitem 
ein Bauernmädchen kommen, das trug einen Handkorb, und aus dem 
Korbe kam dem Fuchse und dem Hasen ein angenehmer Geruch entgegen, 
der Geruch von frischen Semmeln. „Weißt du was?" sprach der Fuchs; 
„lege dich hin der Länge lang und stelle dich tot. Das Mädchen wird 
seinen Korb hinstellen und dich aufheben wollen, um beiiteit armen Balg 
zu gewinnen, denn Hasenbälge geben Handschuhe; derweilen erwische ich 
den Semmelkorb, uns zum Troste." 
Der Hase that nach des Fuchses Rate, fiel hin und stellte sich tot, 
und der Fuchs duckte sich hinter eine Windwehe von Schnee. Das Mädchen
	        
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