Full text: [Teil 3 = 6. u. 7. Schulj] (Teil 3 = 6. u. 7. Schulj)

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hob alles Packpapier auf. Er konnte genau angeben, wo irgend 
eine Tonne, ein Brett, ein alter Warenrest lag. Wenn ein Nagel 
einzuschlagen war, so wurde Karl gerufen; so oft ein Stemmeisen 
verlegt war, Karl wußte es Zu schaffen. War der Wintervorrat an 
Schinken und Würsten aufzuheben, so verstand Karl am besten diese 
Schätze einzupacken, und wenn Herr Schröter eine schnelle Be- 
slellung auszurichten hatte, so war Karl der zuverlässigste Bote. Zu 
allem anstellig, immer guter Laune und nie um Auskunft verlegen, 
war er ein Günstling aller Parteien. Die Auflader nannten ihn 
„unser Karl", und der Vater wandte sich oft von seiner Arbeit ab, 
um einen heimlichen Blick voll Stolz auf den Knaben zu werfen. 
Gustav Freytag. <SoN und Haben.) 
38. Die alte Waschfrau. 
Va siehst geschäftig bei dem Linnen 
die Alte dort in weißem bsaar, 
die rüstigste der Wäscherinnen 
im sechsundsiebenzigsten Hahr. 
So bat sie stets mit sauerm Schweiß 
ihr Brot in Ehr' und Zucht gegessen 
und ausgefüllt mit treuem Fleiß 
den Kreis, den Gott ihr zugemessen. 
2. Sie hat in ihren jungen Tagen 
geliebt, gehofft und sich vermählt; 
sie hat des Weibes Los getragen, 
die Sorgen haben nicht gefehlt. 
Sie hat den kranken Mann gepflegt, 
sie hat drei Kinder ihm geboren; 
sie hat ihn in das Grab gelegt — 
und Glaub' und Hoffnung nicht verloren. 
3. Da galt's, die Kinder zu ernähren; 
sie griff es an mit heiterm Mut. 
Sie zog sie auf in Zucht und Ehren; 
der Fleiß, die Ordnung sind ihr Gut. 
Zu suchen ihren Unterhalt, 
entließ sie segnend ihre Lieben; 
so stand sie nun allein und alt, — 
ihr war ihr heitrer Mut geblieben.
	        
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