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war's von Tränen? war's von Schlummer? — und sein Haupt sank in die Hand.
Seht, sein Antlitz wird so helle — träumt er von dem Vaterland?
Also saß er, und zum Schläfer trat ein schlichter Heldenmann,
sah mit freudig ernstem Blicke lange den Betrübten an:
15 „Alexander Dpsilanti, sei gegrüßt und fasse Mut!
In dem engen Felsenpasse, wo geflossen ist mein Blut,
wo in einem Grab die Asche von dreihundert Spartern liegt,
haben über die Barbaren freie Griechen heut gesiegt.
Diese Botschaft dir zu bringen, ward mein Geist herabgesandt.
20 Alexander Apsilanti, frei wird Hellas' heil'ges Land!" —
Da erwacht der Fürst vom Schlummer, ruft entzückt: „Leonidas!"
und er fühlt, von Freudentränen sind ihm Aug' und Wange naß.
Horch, es rauscht ob seinem Haupte, und ein Königsadler fliegt
aus dem Fenster, und die Schwingen in dem Mondenstrahl er wiegt!
Joseph Freiherr von Eichendorff.
i,$. JYiorgengebet.
1. O wunderbares, tiefes Schweigen,
wie einsam ist's noch auf der Welt!
Die Wälder nur sich leise neigen,
als ging' der Herr durchs stille Feld.
2. Ich fühl' mich recht wie neu geschaffen,
wo ist die Sorge nun und Not?
Was mich noch gestern wollt' erschlaffen,
ich schäm' mich des im Morgenrot.
3. Die Welt mit ihrem Gram und Glücke
will ich, ein Pilger, froh bereit
betreten nur wie eine Brücke
zu dir, Herr, überm Strom der Zeit.
4. Und buhlt mein Lied, auf Weltgunst lauernd,
um schnöden Sold der Eitelkeit,
zerschlag mein Saitenspiel, und schauernd
schweig' ich vor dir in Ewigkeit.
1,9. JMarienlied.
1. O Maria, meine Liebe,
denk' ich recht im Herzen dein,
schwindet alles Schwer' und Trübe,
und wie heller Morgenschein
dringt's durch Lust und ird'schen Schmerz
leuchtend mir durchs ganze Herz.