400
unterscheidet; in diesem Falle ist die
sprachliche Darstellung das Ergebnis der
Anlage und des Bildungsganges des
einzelnen Menschein
Anmerkung 2. Man unterscheidet ge¬
wöhnlich drei Stilarten, den niederen,
den mittleren und den erhabenen
Stil. Der niedere Stil ist schlicht und
einfach und verzichtet ans reichen Rede-
schmuck; er ist an der Stelle, wo es
sich um Belehrung und Mitteilung, nicht
um eine lebhafte Einwirkung auf die
Phantasie und das Gemiit handelt. Ist
letzteres die Absicht des Schreibenden,
so tritt der mittlere Stil ein. wo die
Sprache bilderreicher und wärmer, die
Darstellung anschaulich und eindringlich
wird. Ist schließlich der Darstellende
selbst mächtig von dem Gegenstände er¬
griffen, io erhebt er sich zu dem er¬
habenen Stil; er greift zu kraftvolleren
Redefiguren, zu kühneren Bildern, läßt
in seiner ganzen Darstellung die Größe
und Würde des Gegenstandes und den
lebhaften Eindruck, den er selbst davon
empfindet, wiederspiegeln. Man unter¬
scheidet ferner den poetischen und den
prosaischen Stil, spricht von einem Ge¬
schäftsstil und von einem Stil der er¬
zählenden und der belehrenden Prosa
u. dgl Von einem besonderen Brief¬
stil kann man nur insofern reden, als
Unterschiede in der Form der Briefsprache
durch die Person bedingt sind, an welche
der Brief gerichtet wird.
2. Die Eigenschaften einer guten sprach¬
lichen Darstellung sind dreifacher Art: 1.
grammatische, welche sich ans die sprach¬
liche Richtigkeit beziehen, 2 logische,
welche sich auf die Klarheit der Ge¬
danken und des Gedankenausdrucks, und
H. ästhetische, welche sich auf die
Schönheit der Darstellung beziehen.
a. Grammatische Eigenschasten einer
guten sprachlichen Darstellung.
1. Die grammatischen Eigenschaften einer
guten sprachlichen Darstellung sind Sprach -
richtigkeit und Sprachreinheit.
2. S p r a ch r i ch t i g (korrekt) ist die Dar¬
stellung, wenn sie die allgemein gültigen
Gesetze der Grammatik rücksichtlich der
Bildung, Veränderung und Verbindung
der Wörter befolgt.
3. Rein ist die Darstellung, wenn sie
Wörter und Verbindungen vermeidet welche
der Sprache fremd sind
A n m e r k u n g. Verstöße gegen die Sprach-
richtigkeit sind ->. solche Fremdwörter,
für die es im Deutschen an einem ent¬
sprechenden Ausdrucke nicht fehlt*); ll.
Ausdrücke, die nur in bestimmten Gegen¬
den des Landes gebräuchlich sind; o.
veraltete Ausdrücke; ll. dem Sprachge¬
brauch zuwiderlaufende Neubildungen
von Wörtern.
b. Logische Eigenschaften einer
guten sprachlichen D a r st e l l u n g.
l Die logischen Eigenschaften einer guten
sprachlichen Darstellung sind Klarheit,
B e st i m m t h e i t, K ü r z e und Einheit
2. Klar ist die Darstellung, wenn ihr
ein vollständiger Gedanke zugrunde liegt
und dieser Gedanke durch die Worte ver¬
ständlich ausgedrückt wird.
Anmerkung l. Nur was klar gedacht
ist, kann klar geschrieben werden.
Aumerkung 2. Verstöße gegen die Klar¬
heit sind Dunkelheit und U n s i n n
Dunkelheit entsteht namentlich durch den
Gebrauch nicht üblicher Ausdrücke, durch
falsche Latzzeichen, durch übertriebene
Kürze oder Weitschweifigkeit <Anhäufung
von Nebensätzen) und durch Zweideutig¬
keit. Unsinn entsteht, wenn man über
Dinge schreibt, von denen man nichts
versteht, Ausdrücke anwendet, deren Ge¬
brauch man nicht kennt, Begriffe mit
einander verknüpft, die ihrem Wesen
nach unvereinbar sind, ferner durch falsche
Beziehung oder Wortstellung
3. Bestiinmt ist die Darstellung, wenn
für den zu bezeichnenden Gedanken immer
der bezeichnendste Ausdruck gewählt wird,
so daß der Leser sich gerade das dabei
denken muß. was der Schreibende bat
sagen wollen
Anmerkung. Man verstoßt gegen die
Bestimmtheit, wenn die Bedeutung eines
Wortes zu allgemein ist, wenn man sinn¬
verwandte Wörter mit einander ver¬
wechselt oder unnötige Umschreibungen
macht
4. Kürze zeigt die Darstellung, wenn sie
alles Überflüssige im Ausdruck meidet
*) Man ist bequem, zu suchen jedesmal
Das deutsche Wort, das dem genau
entspricht,
Was man zu sagen wirklich willens ist
Ein fremdes Wort ist uns geläufiger.
Und wir gebrauchen's, weil's bedeuten
kann
Bald dies, bald das und so denn hier
auch paßt.
Hoffm v. Fall.