bis zum Schlüsse des Mittelalters.
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Patriziers im Kreise der Familie stattgefunden hatte, so schenkte der
Bräutigam seiner Braut einen Ring und ein Paar goldene Arm¬
spangen, wogegen sie ihn mit einem stattlich vernäheten „Fatznetzlein"
begabte. Am Hochzeitstage ging die Braut, von ihren Verwandten
und Freunden beiderlei Geschlechts in feierlichem Zuge begleitet, zur
Kirche, Spielleute mit Geigen, Lauten, Pfeifen und Trompeten vor¬
aus. Waren Bräutigam und Braut noch Junggesell und Jungfrau,
so schritten sie beim Kirchgang zwischen ledigen Ehrengespielen und
Ehrengespielinnen einher; eine Witwe und ein Witwer hatten verhei¬
ratete Personen zur Ehrenbegleitung und zogen ganz still und ohne
einige Musik nach der Kirche. Nach der Rückkehr folgten bei ledigen
Personen Tanzbelustigungen und abends Fackeltanz. Um Mitternacht
wurden die Brautleute nach Hause geleitet, wo noch allerlei Lecker¬
bissen zum besten gegeben wurden."
Die Hochzeiten wurden in allen Ständen mit möglichstem Auf¬
wands gefeiert. So wird von der Vermählung des Herzogs Georg
von Bayern mit einer polnischen Königstochter (1475) berichtet: Der
„römische Kaiser" Friedrich III. ritt mit allen Fürsten, Rittern und
Knechten der Braut auf eine Meile Weges von Landshut entgegen.
Vor dem Bräutigam zogen neun Hengste her, jeder von einem Edel¬
knaben geritten, ihr Geschirr mit Perlen gestickt, die Zügel aus silbernen
Ketten. Am Hute trug der Bräutigam ein Kleinod im Werte von
15000 Gulden; auf dem Ärmel seines Rockes war eine Jungfrau,
die einen Löwen an einer Fessel führte, und die Inschrift „In Ehren
sie mir liebet" gestickt. Beim Zusammentreffen turnierten vor der
Braut sofort vier Ritter mit scharfen Speeren aufeinander. Der
Kaiser und sein Gefolge saßen ab und gingen mit dem „heiligen
Sakrament" der Braut entgegen. Die Polin führte zwei vergoldete
Wagen mit sich, zehn Jungfrauen auf weißen Zeltern folgten ihr, sie
und ihre Edelknaben glänzten in mit Perlen und Edelsteinen kostbar
geschmückten Gewändern; ihre Vorreiter, vier polnische Herren, trugen
vergoldete Sporen und die Pferde vergoldete Geschirre. In Landshut
eingezogen, geleiteten der Kaiser und der Markgraf von Brandenburg
die Braut in die Kirche, wo die Trauung stattfand. Bei Anbruch
der Nacht eröffnete der Kaiser mit der jungen Frau den Tanz. Am
andern Tage besuchte die ganze Hochzeitsgesellschaft die Kirche; darauf
folgte in einem Saale, dessen Wände mit rotem Sammet behängt
waren und der vom Glanze des aufgestellten reichen Silbergeschirrs
erstrahlte, ein festliches Bankett, an das ein Turnier sich anschloß.