Full text: Lesebuch für höhere Bildungsanstalten (4)

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Seinen heil'gen Geist, den Geist der Wahrheit, 
Der dem Herzen Ruh', dem Geiste Klarheit, 
Kraft und Trieb zu allem Guten giebt, 
Und dich lehrt, wie dich der Vater liebt. 
Und nun bist du zu der Lebensquelle 
Umgekehrt, und durch den Flor der Zeit 
Sehen deine Blicke freudenhelle 
In die wonnevollste Ewigkeit; 
Fühlst dich selig und mit Gott versöhnet, 
Siehst dich mit Barmherzigkeit gekrönet, 
Und genießest in des Lebens Streit 
Schon in Hoffnung deine Seligkeit. 
Darum suchst du Ruhe, such' sie nimmer 
Weder in dir selbst, noch in der Welt; 
8. Ab 
Was macht ihr, daß ihr weinet 
Und brechet mir mein Herz? 
Im Herrn sind wir vereinet 
Und bleibend allerwärts. 
Das Band, das uns verbindet, 
Löst weder Zeit, noch Ort; 
Was in dem Herrn sich findet, 
Das währt in ihm auch fort. 
Man reicht sich wohl die Hände, 
Als sollt's geschieden sein, 
Und bleibt doch ohne Ende 
Im innigsten Verein. 
Man sieht sich an, als sähe 
Man sich zum letzten Mal, 
Und bleibt in gleicher Nähe 
Dem Herrn doch überall. 
Man spricht: ich hier, du dorten, 
Du ziehest und ich bleib'! 
Und ist doch aller Orten 
Ein Glied an einem Leib. 
9. Ge 
Es zieht ein stiller Engel 
Durch dieses Erdenland, 
Zum Trost für Erdenmängel 
Hat ihn der Herr gesandt. 
In seinem Blick ist Frieden 
Und milde, sanfte Huld, 
O folg' ihm stets hienieden, 
Dem Engel der Geduld! 
Solch'ein Suchen macht die Unruh'schlimmer, 
Ist mit tausendfachem Weh vergällt; 
Solch ein Suchen macht wohl matt und müde, 
Aber ist ein müder Schlaf denn Friede, 
Glaubst du, daß ein Mensch, vom Suchen matt, 
Schlafend schon die Ruh' gefunden hat? 
Bett' ein Kindlein in die weichste Wiege, 
Wieg' cs ein mit Sang und Spiel und Lust, 
Aber siehe, ob's nicht sanfter liege, 
Stiller schlumm're an der Mutter Brust, 
Wo's den ersten Lebenstrank gefunden, 
Will es, müde, schlafen; krank, gesunden. — 
Seele, wende deinem Gott dich zu, 
Nur in ihm ist für dich wahre Ruh'. 
Ml. Spitta. 
ch i c d. 
Man spricht vom Scheidewege 
Und grüßt sich einmal noch, 
Und geht auf einem Wege 
In gleicher Richtung doch. 
Was sollen wir nun weinen 
Und sogar traurig sehn, 
Wir kennen ja den Einen, 
Mit dem wir Alle gehn, 
In einer Hut und Pflege, 
Geführt von einer Hand 
Auf einem sichern Wege 
Jn's eine Vaterland. 
So sei denn diese Stunde 
Nicht schwerem Trennungsleid, 
Nein, einem neuen Bunde 
Mit unserm Herrn geweiht. 
Wenn wir uns ihn erkoren 
Zu unserm höchsten Gut, 
Sind wir uns nicht verloren, 
Wie weh auch Scheiden thut. 
Spitta. 
vnld. 
Er führt dich immer treulich 
Durch alles Erdenleid, 
Und redet so erfreulich 
Von einer schönern Zeit. 
Denn willst du ganz verzagen, 
Hat er doch guten Muth; 
Er hilft das Kreuz dir tragen, 
Und macht noch Alles gut.
	        
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