Metadata: [Teil 4 = Kl. 6, [Schülerband]] (Teil 4 = Kl. 6, [Schülerband])

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oder für den Geringsten; es gilt mir gleich viel. Genug, ich kenne 
mich!" — Und so ging er aus der Versammlung. Ihm folgte der 
weise Elefant, der kühne Tiger, der ernsthafte Bär, der kluge Fuchs, 
das edle Pferd, kurz, alle die ihren Wert fühlten oder zu fühlen glaubten. 
Die sich am letzten wegbegaben und über die zerrissene Versammlung 
am meisten murrten, waren — der Asse und der Esel. 
2. Oer k)irsck am backe. Von »ugutr Gotttieb MeiSner. 
Fabeln. Wien 1813. 8. 187. 
i in Hirsch trank aus einem klaren Gewässer und erblickte darin sein 
Bild. — „Fürwahr," ries er aus, „die Natur meinte es nicht 
böse mit mir, wenigstens mit meinem Kopse nicht. Wie prächtig ist 
das Geweih, das ihn schmückt! Nur meine Schenkel könnten etwas 
besser sein, und ich würde dann an vortrefflicher Gestalt allen Tieren 
Trotz bieten." 
Indem er noch so sprach, hörte er Jagdhörner in der Ferne tönen 
und sah die Hunde schon, die mit Bellen aus ihn zueilten. Er flog 
über die Felder hinweg und ließ seine Verfolger weit hinter sich zurück. 
Jetzt kam er in den Wald. Doch indem er sich ins Dickicht retten 
wollte, blieb er mit dem Geweih an den Ästen eines Baumes hängen; 
die Hunde kamen herbei und rissen ihn nieder. 
„Ach!" seufzte er vor seinem Verscheiden, „ich Unglücklicher habe 
törichterweise meine Freunde für Feinde und meinen Feind sür einen 
Freund gehalten. Die Schenkel, die ich tadelte, hatten mich beinahe 
schon gerettet; aber das Geweih, das ich pries, hat mich ins Ver¬ 
derben gestürzt." 
3. Oie Quecken. Von Karl Stöber. 
Erzählungen. Gesamtausgabe. 1. Band. 3. Aust. Leipzig u. Dresden 1831. 8. 135. 
C^ünf Quecken, die der Gärtner ausjätete und über den Zaun warf, 
ä V gingen hin und kamen an einen Acker und sprachen zu dem Herrn 
” desselben: „Wir sind unschuldig vertriebene Leute; erbarme dich doch 
unser und laß uns wohnen an dem äußersten Saume deines Feldgrund¬ 
stückes, da kein Weizenhalm mehr steht." Und der Mensch erbarmte sich 
über ihre Blöße und gab ihnen ein Plätzlein am Grenzstein neben dem 
Raine und freute sich seines guten Werkes. Aber die Quecken liefen all¬ 
mählich unter dem Boden fort und fort und nahmen den ganzen Acker 
ein, von unten bis oben hinaus. Und etliche Monden daraus, als der 
Herr die Sichel hinschickte, fand sie nichts als dünne und verkümmerte 
Ähren, denn die fremden Quecken hatten den Acker ausgesogen. Und 
denselben Menschen reute es, soviel er Haare aus dem Haupte hatte, 
daß er an ihnen Barmherzigkeit getan.
	        
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