Full text: Auswahl deutscher Dichtungen von dem Nibelungenliede bis zur Gegenwart (Abtheilung 1)

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S—2 — 
Friedrich von Matthisson. 
(1761 - 1831.) 
Elegie. 
Schweigend, in der Abenddämmrung Schleier, 
Ruht die Flur, das Lied der Haine stirbt; 
Nur daß hier, im alternden Gemäuer, 
Melancholische noch ein Heimchen zirpt; 
Stille sinkt aus unbewölkten Lüften, 
Langsam ziehn die Herden von den Triften, 
Und der müde Landmaun eilt zur Ruh 
Seiner väterlichen Hütte zu. 
Hier, auf diesen waldumkränzten Höhen, 
Unter Trümmern der Vergangenheit, 
Wo der Vorwelt Schauer mich umwehen, 
Sei dies Lied, o Wehmuth, dir geweiht! 
Traurend denk' ich, was, vor grauen Jahren, 
Diese morschen Überreste waren: 
Ein bethürmtes Schloß, voll Majestät 
Auf des Berges Felsenstirn' erhöht! 
Dort, wo um des Pfeilers dunkle Trümmer 
Traurigflüsternd sich der Epheu schlingt, 
Und der Abendröthe trüber Schimmer 
Durch den öden Raum der Fenster blinkt, 
Segneten vielleicht des Vaters Thränen 
Einst den edelsten von Deutschlands Söhnen, 
Dessen Herz, der Ehrbegierde voll, 
Heiß dem nahen Kampf entgegenschwoll. 
Zeuch in Frieden, sprach der greise Krieger, 
Ihn umgürtend mit dem Heldenschwert, 
Kehre nimmer, oder kehr' als Sieger! 
Sei des Namens deiner Väter werth! 
Und des edlen Jünglings Auge sprühte 
Todesflammen; seine Wange glühte 
Gleich dem aufgeblühten Rosenhain 
In der Morgenröthe Purpurschein. 
Eine Donnerwolke, flog der Ritter 
Dann wie Richard Löwenherz zur Schlacht; 
Gleichsdem Tannenwald im Ungewitter 
Beugte sich vor ihm des Feindes Macht!
	        
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