Full text: Auswahl deutscher Dichtungen von dem Nibelungenliede bis zur Gegenwart (Abtheilung 1)

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Gehbhet. 
Gib Liebe mir und einen frohen Mund, 
Daß ich dich, Herr der Erde, thue kund; 
Gesundheit gib bei sorgenfreiem Gut, 
Ein frommes Herz und einen festen Muth; 
Gib Kinder mir, die aller Mühe werth, 
Verscheuch' die Feinde von dem trauten Herd; 
Gib Flügel dann und einen Hügel Sand, 
Den Hügel Sand im lieben Vaterland, 
Die Flügel schenk' dem abschiedschweren Geist, 
Daß er sich leicht der schönen Welt entreißt. 
Adalbert von Chamisso. 
(1782 - 1838.) 
Das Schloß Boncourt. 
Ich träum' als Kind mich zurücke Ich tret' in die Burgkapelle 
Und schüttle mein greises Haupt; Und suche des Ahnherrn Grab, 
Wie sucht ihr mich heim, ihr Bilder, Dort ist's, dort hängt vom Pfeiler 
Die lang ich vergessen geglaubt? Das alte Gewaffen herab. 
Hoch ragt ans schatt'gen Gehegen 
Ein schimmerndes Schloß hervor, 
Ich kenne die Thürme, die Zinnen, 
Die steinerne Brücke, das Thor. 
Es schauen vom Wappenschilde 
Die Löwen so traulich mich an, 
Ich grüße die alten Bekannten 
Und eile den Burghof hinan. 
Noch lesen umflort die Augen 
Die Züge der Inschrift nicht, 
Wie hell durch die bunten Scheiben 
Das Licht darüber auch bricht. 
So stehst du, o Schloß meiner Väter, 
Mir tren und fest in dem Sinn 
Und bist von der Erde verschwunden, 
Der Pflug geht über dich hin. 
Dort liegt die Sphinx am Brunnen, Sei fruchtbar, o thenrer Boden, 
Dort grünt der Feigenbaum, Ich segne dich mild und gerührt, 
Dort, hinter diesen Fenstern, Und segne ihn zwiefach, wer immer 
Verträumt' ich den ersten Traum. Den Pflug nun über dich führt. 
Ich aber will auf mich raffen, 
Mein Saitenspiel in der Hand, 
Die Weiten der Erde durchschweifen 
Und singen von Land zu Land. 
Die alte Maschfrau. 
Du siehst geschäftig bei den Linnen Sie hat in ihren jungen Tagen 
Die Alte dort in weißem Haar, Geliebt, gehofft und sich vermählt; 
Die rüstigste der Wäscherinnen Sie hat des Weibes Loos getragen, 
Im sechsundsiebenzigsten Jahr. Die Sorgen haben nicht gefehlt; 
So hat sie stets mit saurem Schweiß Sie hat den kranken Mann gepflegt; 
Ihr Brot in Ehr' und Zucht gegessen Sie hat drei Kinder ihm geboren; 
Und ausgefüllt mit treuem Fleiß Sie hat ihn in das Grab gelegt 
Den Kreis, den Gott ihr zugemessen. Und Glaub' und Hoffnung nicht verloren.
	        
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