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Derhalben laßt von Sünden
Jetzt und zu ieder Zeit,
Und lobet alle Stunden
Den Herrn von Ewigkeit,
Der uns nach allem Kummer
Und mancher kalten Nacht
Den frendenreichen Sommer
Hat fröhlich wiederbracht;
Welchs denn ist ein Figure,
Daß Christus unser Hirt
Die hoch verderbt Nature
Noch eins formieren wird
Und einen Sommer machen,
Der ewig soll bestehn,
In dem wir werden lachen
Und nimmer untergehn.
O Herr, uns thut noch frieren
Auf Erden mannigfalt:
Will sich denn schier verlieren
Der rauhe Winter kalt?
Komm doch und thu vertreiben
Des Teufels Werk und List,
Und führ' uns zu der Freuden,
Da ewig Sommer ist.
Paul Melissus (Schade).
(1539- 1602)
Im Ton: Ich gieng einmal spazieren.
Roth Röslein wollt' ich brechen Ich thu ein' Rose loben,
Zum hübschen Kränzelein: Ein' Rose tugendvoll.
Mich Dörner thaten stechen Wollt' mich mit ihr verloben,
Hart in die Finger mein. Wanns ihr gefiele wohl.
Noch wollt' ich nit lan ab. Ihrs gleichen find man nicht
Ich gunt mich weiter stecken In Schwaben und in Franken:
In Stauden und in Hecken: Mich Schwachen und sehr Kranken
Darin mirs Wunden gab. Sie Tag und Nacht anficht.
O Dörner krumm und zacket,
Wie habt ihr mich zerschrunt?
Wer unter euch kommt nacket,
Der ist gar bald verwunt.
Sonst zwar könnt ihr nichts mehr;
Ihr keiner Haut thut schonen,
Noch niedlicher Personen,
Wanns gleich ein' Göttin wär'.
Sie hats wohl selbst erfahren,
Die schöne Venus zart,
Als sie stund in Gefahren,
Und so zerritzet ward.
Daher die Röslein weiß
Von bluttriefenden Nerben
Begunten sich zu färben:
Den man verjeht den Preis.
Paldamus, Lesebuch III. 2. a., 2. Nufl.
Nach ihr steht mein Verlangen,
Mein sehnlich Herzegird:
Am Kreuz laßt sie mich hangen,
Meins Lebens nimmer wird.
Zwar bald ich todt muß sein.
Je weiter sie mich neidet,
Je länger mein Herz leidet.
Ist das nit schwere Pein?
Ach liebster Schatz auf Erden,
Warumb mich quälest so?
Zutheil laß dich mir werden,
Und mach mich endlich froh.
Dein will ich eigen sein.
In Lieb' und Treu mich binde,
Mit deiner Hand mir winde
Ein Rosenkränzelein.