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Johannes Fischart (Mentzer).
(21590)
Ernstliche Ermahnung an die lieben Teutschen auß Anlaß dises beigesetzten
Bilds des Teutschlands angebracht. J. F. M.
Was hilfts, o Teutschland, daß dir Und führe für den Adler kün
gfallt Ein bunte Atzel nun forthin,
Diß Bild so herrlich sighaft gstalt? Und für den Weltapfel ein Ball,
Daß es bedeut der Teutschen Macht. Den man schlägt, wann er hupft im
Die unter sich der Welt Macht bracht? Fall;
Und daß du weist, daß dein Voralten Weil heut doch schier keim Ernst ist mehr
Den Namen mit Ruhm han erhalten? Handzuhaben Freiheit und Ehr:
Wann du dasselbig laßt veralten, Sonder man scherzt nur mit der Frei—
Was dein Voralten dir erhalten? heit,
Wann nicht dasselbig willt verwaren, Sucht fremde Sitten, Bräuch und Neu—
Was dein Vorfahren dir vorsparen? heit,
Wann nicht den Namen willt vermehren Und für alt teutsch Standhaftigkeit
Der auf dich erbt mit großen Ehren? Reißt ein weibisch Leichtfertigkeit.
Was ists, daß man sich rühmet hoch Drum ist nichts, daß man Adler führt,
Der Eltern, und folgt ihn nicht noch? Wann man des Adlers Mut nicht
Bist alter Tugend großer Preiser, spürt;
Aber der Tugend kein Erweiser? Nichts ist, daß man den Seepter trägt,
Thust gut alt Sitten hoch erheben, Und in wider kein Untreu regt;
Und schickst doch nit darnach dein Leben? Nichts ist, daß man fürmalt die Welt,
Was rühmst du dich viel Adelichs, Und kaum ein Stück der Weit erhält:
Und thust doch nichts denn Tadelichs? Sonder man muß erweisen fein
Was Ruhm hat der jung Adler doch, Diß, des man will gerühmet sein
Wann er sich rühmt der Eltern hoch, Und nicht der Alten wacker Thaten
Wie sie frei wohnten in Bergsklüften Schänden mit Unthun ungerathen.
Und frei regierten in den Lüften, Aufrecht, treu, redlich, einig und stand—
Und er sitzt gfesselt auf der Stangen, haft,
Muß was der Mensch nur will im Das gwinnt und erhält Leut und Land—
faugen? schaft:
Also was ist dir für ein Ehr, Also wird man gleich unsern Alten;
Wann rühmst die alten Teutschen sehr, Also möcht man forthin erhalten
Wie sie für ihre Freiheit stritten Den Ehrenruhm auf die Nachkommen,
Und keinen bösen Nachbarn litten, Daß sie demselben auch nachomen;
Und du achtst nicht der Freiheit dein, Und also kan man sein ein Schrecken
Kannst kaum in deim Land sicher sein, Den Nachbarn, daß sie uns nicht wecken,
Laßt dir dein Nachbarn sein Pferd Sondern dem Hund lan seinen Tratz,
binden Zu verwaren sein Gut und Schatz.
An deinen Zaun forn unde hinden? Gleich wie man deren noch find etlich,
Sollt auch solch feiger Art gebiren, Die solchem Raht nachsetzen redlich
Daß sie soll Kron und Scepter führen? Und recht bedenken ire Würden,
Ja ir gbürt für den Königsstab Wie ir Vorfahren Seepter führten:
Ein hölzin Roß, welchs sie nur hab, Gott stärk dem edeln teutschen Gblüt