t it das historische Studium. ;$ «
digkeit des Menschen im Kindheitzustande der ältesten gesellschaftlichen
Bildung, als beglaubigendes Zeugniß verdächtig und in ihrer Fortpflan¬
zung auf nachkommende Geschlechter manchen Verunstaltungen durch Ver¬
vollständigung und Deutung ausgesetzt, darum aber nichts weniger als
entbehrlich und kritisch verwerflich; sie bleibt vielmehr Grundlage aller
älteren und neueren geschichtlichen Mittheilung. Für die Zulässigkeit
der Beweisführung aus den ältesten Geschlechts-, Stamms- und Volks¬
sagen spricht die Einfachheit und Beschränktheit des in ihnen bewahrten
Stoffes und die natürliche Wärme der Theilnahme an demselben, die
Stärke des Erinnerungvermögens bey minder gebildeten Menschen, die
fromme Achtung des Familien-Vereins für die ihm ungehörigen Überlie¬
ferungen, und die (in kritischer Hinsicht oft gefährliche) Pflege, welche
ihnen von Seiten einer an Einsicht höher stehenden Volksclasse bald zu
Theil wurde. Bey kritischer Würdigung der alten Sage ist sowohl ihre
innere Eigcnthümlichkeit, als ihr äusseres Beglaubigungverhältniß zu be¬
achten ; sie umfasset nur allgemeiner wichtige Ereignisse und reichet bis
auf diese selbst zurück; sie giebt die Thatsache in ihrer abgeschlossenen
Vollendung, nicht das Werden derselben, oder sie beschränket sich mehr auf
den Gesammteindruck einer Wirkung, als daß sie die zum Hervorbringen
derselben erfoderlichen Mittel beschreibt; sie giebt vereinzelte Bruchstücke,
ohne Rücksicht ans Zusammenhang; wo Bindung und Ergänzung dersel¬
ben sichtbar werden, ist jüngere Bearbeitung zu vermuthen; überall zeiget
sich gewöhnlich nationelle Absichtlichkeit. Um sie als Zeugniß geltend
zu machen, kömmt in Betrachtung, wie allgemein und tiefgewurzelt sie
sind, welche Angemessenheit zur vorhandenen beglaubigten Geschichte sie
haben, von welcher Beschaffenheit der Charakter (über den sie umgekehrt
oft Aufschluß gewähren) des Volks ist, dem sie angehören, und ob sie mit
bewährten Zeugnissen und Einrichtungen unvereinbar scheinen, oder wann
und von welcher Bedeutung sie Widerspruch erfahren haben? — Die
Sage, welcher zur vollständig-geschichtlichen Benutzung in der Regel
chronologische Bestimmtheit fehlet, wird bevestigt und unterstützt durch
die Sprache, in deren Vorrath, Bildung und vorwaltendem Geiste sich
die Eigenthümlichkeit einer Nation und eines Zeitalters abspiegclt;
durch Volkspoesie, welche die Ueberlieferungen, freilich oft in bunter
Mischung, sammelt und gestaltet, durch Einrichtungen und Feierlich¬
keiten, welche Maalzeichen für einen in Folge voraufgegangener Ver¬
änderungen erwachsenen Zustand, für das Daseyn einer Begebenheit
oder einer Person sind, und durch stumme Denkmäler, welchen die
Sage zur Grundlage oder fortlaufenden Erläuterung dient (Hero-
dot 2, 131).