Full text: Deutsche Dichtung in der Neuzeit (Abt. 2)

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Zwischen dem schroffen Geklüft und des Meeres anschwellender Salzflut. 
Lebet! Es lebten wie ihr des Geschlechts urälteste Väter, 
Seit dies Eiland einst von dem Sitz der Sirene ^) sich losriß 
Oder die Tochter Augusts hier süße Verbrechen beweintes. 
V. Der Toü -es Larusch. 
(1830.) 
A. a. O.. I, S. 136. 
Mutig stand an Persiens Grenzen Roms erprobtes Heer im Feld; 
Carus saß in seinem Zelte, der den Purpur trug, ein Held. 
Persiens Abgesandte beugten sich vor Roms erneuter Macht, 
Flehn um Frieden an den Kaiser; doch der Kaiser wählt die Schlacht. 
Kampfbegierig sind die Scharen, die er fern und nah beschied; 5 
Durch das Heer aus tausend Kehlen ging das hohe Siegeslied: 
„Weh den Persern! Römer kommen, Römer ziehn im Flug heran, 
Rächen ihren Imperator, rächen dich, Valerian^). 
Durch Verrat und Mißgeschick nur trugst du ein barbarisch Joch; 
Aber starbst du auch im Kerker, deine Rächer leben noch! 10 
Wenn zu Pferd stieg Artaxerxes, ungezähmten Stolz im Blick, 
Setzte seinen Fuß der König auf Valerians Genick. 
Ach, und Rom in seiner Schande, das vordem die Welt gewann, 
Flehte zum Olymp um einen, flehte nur um einen Mann. 
Aber Männer sind erstanden, Männer führen uns zur Schlacht; 15 
Scipio, Marius und Pompejus sind aus ihrem Grab erwacht. 
Unser Kaiser Aurelianus^) hat die Goten übermannt, 
Welche deinen Wundertempel, Ephesus, zu Staub verbrannt 6). 
Unser Kaiser Aurelianus hat die stolze Frau?) besiegt, 
Welche nun im stillen Tibur ihre Schmach in Träume wiegt. 20 
Probus8) führte seine Mauer durch des Nordens halbe Welt, 
Neun Germanensürsten knieten vor dem röm'schen Kaiserzelt. 
Carus, unser Imperator, sühnt nun auch die letzte Schmach, 
Geht mit Heldenschritt voran uns, Heldenschritte folgen nach!" 
So der Weihgesang. Und siehe, plötzlich steigt Gewölk empor, 25 
Finsternis bedeckt den Himmel wie ein schwarzer Trauerflor. 
Regen stürzt in wilden Güssen, grausenhaster Donner brüllt; 
Keiner mehr erkennt den andern, alles ist in Nacht verhüllt. 
Plötzlich zuckt ein Blitz vom Himmel. Biele stürzen bang herbei; 
Denn im Zelt des Imperators hört man einen lauten Schrei. 30 
Die Sage bezeichnete verschiedene Punkte der italischen Küste als Sitz der 
Sirenen. So befand sich ein Tempel der Sirenen bei Sorrent, das Grabmal der 
Sirene Parthenope bei Neapel. — 2) Julia wurde wegen ihres sittenlosen Lebenswandels 
von ihrem Vater im Jahre 2 v. Chr. nach der Insel Pandateria (Ventotene) bei Neapel, 
dann nach Rhegium (Reggio) verbannt. Hier starb sie 14 n. Chr. — 3) Marcus Aurelius 
Carus, römischer Kaiser 282—283 n. Chr. — 4 5) Valerianus, römischer Kaiser 253—260 
n. Chr., wurde 260 durch Verrat bei Edcssa von den Persern gefangen genommen. — 
5) Aurelianus, römischer Kaiser 270—275 n. Chr. — 6 8j im Jahre 262 n. Chr. — 
7) Zenobia, Königin von Palmyra (in Syrien), wurde in dem von 271—273 n. Chr. 
dauernden Kriege besiegt und gefangen und lebte bis zu ihrem Tode in Tibur. — 
8) Probus, römischer Kaiser 276—282 n. Chr.
	        
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