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68. Johann Fischart. 
Im Südwesten Deutschlands machte sich seit dem Beginn des 
16. Jahrhunderts die französische Nachbarschaft auch in Sprache und 
Literatur geltend, allerdings noch ohne den einheimischen Geschmack zu 
verdrängen. Zahlreich waren die Beziehungen der beiden Nachbarvölker 
in Handel und Wandel; in Straßburg hielt man es schon in den 30er 
Jahren des Jahrhunderts für angebracht, einen französischen Prediger- 
für die in der Stadt ansässigen oder zu vorübergehendem Aufenthalt 
anwesenden Welschen zu bestellen: kein Geringerer als Johann Calvin 
versah im Anfang dieses Predigtamt. Auch die diplomatische Sprache 
wurde bereits beeinflußt. Als nach der Bartholomäusnacht König 
Karl IX. von Frankreich wegen der in Straßburg verweilenden franzö¬ 
sischen Flüchtlinge an den Rat der Stadt schrieb, beratschlagte man, in 
welcher Weise das königliche Schreiben beantwortet werden solle. Die 
einen schlugen vor, man solle in französischer Sprache antworten, da 
man in dieser „nit sovil allergnedigstes und untcrthenigstes bedarf als 
in teutscher Sprach." Der Grund läßt sich hören und ehrt die Gesinnung 
der Leute, die sich gegenüber den üblichen Wendungen der Kanzleisprache 
in ihrer Manneswürde fühlten. Aber der Rat entschied: „Dieweil der 
König meinen Herrn in seiner Sprache geschrieben, sollen meine Herrn 
ihme wieder in ihrer Sprache schreiben, doch eine französische Copey 
damit einschließen, damit der tollmetsch meiner Herrn teutsch schreiben 
nit verkehre." Namentlich der Umstand, daß Calvins Lehre auch iu 
Südwestdeutschland zahlreiche Bekenner zählte, begünstigte den Grenzver¬ 
kehr der Nationen in Sprache und Literatur, und angesehne Gelehrte 
teilten französische Werke in ihren Kreisen durch Übersetzungen mit. 
Aus diesen gelehrten Kreisen stammt Johann Fischart, der sich nicht 
mit der Übersetzung französischer Originale begnügte, sondern sie selbständig 
umformte und ausdichtete, ähnlich wie etwa die mittelalterlichen Epiker 
ihre französischen Vorbilder selbständig nachgebildet hatten. Wir wissen 
nicht viel von den näheren Umständen seines vielbewegten Lebens, nicht 
einmal, ob er in Mainz oder in Straßburg geboren war. Jedenfalls 
lebte er längere Zeit in letztgenannter Stadt und im Elsaß, mit dem er 
durch Familienbande verknüpft war. Mit einer Tochter des Bernhard 
Herzog, des Verfassers einer elsässischen Chronik, war er verheiratet, und 
der bekannte Straßburger Buchdrucker Jobiu, der die meisten seiner 
Schriften druckte und verlegte, war sein Schwager. Später finden wir 
den unstäten Mann, der viel auf Reisen war, als Advokaten am Reichs¬ 
kammergericht in Speier und endlich als Amtmann in Forbach. Um 
1590 ist er gestorben. In ihm vereinigen sich, wie seine Schriften
	        
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