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gedichtet. Als nämlich im Jahre 1576 die Straßburger ein großes 
Schießen gaben, fuhr eine Anzahl Zürcher Schützen auf der Limmat 
und dem Rhein in einem Tage nach Straßburg. Schon 100 Jahre 
früher war eine ähnliche Fahrt von Zürich aus unternommen worden; 
als es sich damals um ein Bündnis zwischen beiden Städten handelte 
und die Straßburger wegen der großen Entfernung der künftigen 
Bundesgenossen mit dem Abschluß zögerten, brachten die Zürcher einen 
Hirsebrei, den sie daheim bereitet hatten, noch warm in die elsässische 
Stadt, um zu beweisen, daß bei entschiedenem Willen auch die größte 
Entfernung überwunden werden kann. Die erste Fahrt schwebte dem 
Dichter vor, als er die zweite besang und an dem Beispiel der wackern 
Zürcher zeigte, was Willenskraft und unverdrossenes Streben vermag. 
Sehr schön stellte er daher gleich am Anfang dem unvernünftigen Treiben 
des Xerxes, der das Meer geißeln ließ, die rührige Tätigkeit entgegen, 
durch die die Zürcher das Element in ihren Dienst zwangen. In raschem 
Gange begleitet das Gedicht die Fahrt. Die Ufer der Limmat, der 
Aare, des Rheins ziehen an uns vorüber, nicht etwa in eintöniger 
Schilderung, nein, alles lebt und webt, das Schiff, die Sonne, die 
Limmat, der Rhein, sie reden und handeln mit in dem Gedichte. Der 
Rhein begrüßt die wackern Eidgenossen und mahnt sie an die Voreltern: 
„Die Arbeit trägt davon den Sieg und macht, daß man hoch daher 
flieg"; und die Sonne erschrickt, als sie die Schiffsleute so eilen sieht, 
in Besorgnis, sie möchten ihr zuvorkommen. Eilig setzt sie ihren Weg 
fort und bewegt so die Ruderer zu neuen Anstrengungen, so daß sie 
kurz nach Sonnenuntergang in Straßburg ankommen. — Wir entbehren 
gern die Beschreibung der Straßburger Festlichkeiten neben dem reizvollen 
und anmutigen, von hoher poetischer Gestaltungskraft getragenen Bilde 
der Fahrt. 
69. Die Anfänge des Dramas. 
Das deutsche Drama wurzelt in der mittelhochdeutschen Periode, und 
wieder führt uns die Sage an den Fuß der Wartburg, um uns in einem 
lebensvollen Bilde zu zeigen, wie das Schauspiel damals die Seelen 
erschütterte. 
.Wir besitzen ein Drama, welches die neutcstamentliche Parabel von 
den klugen und törichten Jungfrauen behandelt. Die törichten sind 
Weltkinder, sie spielen und vergnügen sich und denken noch zeitig genug 
zum Gastmahl zu kommen. Aber der Herr weist sie ab, und selbst 
Marias Fürbitte bewegt ihn nicht: sie werden von den Teufeln geholt 
und brechen in herzzerreißende Klagen aus.
	        
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