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Wege zur Marterstätte hört sie die Hammerschläge erschallen, mit denen 
Jesus ans Kreuz genagelt wird. In ihren unerschöpflichen Klagen mischt 
sich Rührendes und Schreckliches: der Wunsch mit dem Sohne, für den 
.Sohn zu sterben, der Rückblick auf einstige frohe Zeit, auf Mutterglück, 
auf Hoffnung und Erfüllung, die grauenvolle Gegenwart, eine Dornen¬ 
krone auf dem geliebten Haupte, der Glanz seiner Angen ,erloschen, die 
Wimpern vom Blute rot, bleich seine Wangen, bleich der rosenfarbne 
Mund, der einst so liebevoll zu ihr sprach und auch jetzt noch Trostes¬ 
worte für sie hat.... 
Je weiter wir in das 15. Jahrhundert vordringen, desto stärker wird 
das Behagen an komischen Figuren und die unbefangene Frechheit diese 
den geistlichen Spielen einzufügen, bis sich endlich die dramatischen 
Gattungen zu scheiden beginnen. Neben das Mysterium, das Stück 
religiösen Inhalts, treten Handlungen allegorischer Figuren mit mora¬ 
lisierender Absicht (z. B. Zwiegespräche zwischen Leben und Tod, 
zwischen Synagoge und Kirche, oder Gespräche des Todes mit den 
Figuren der verschiedenen Stände oder Lebensalter, die er zum Tanz 
abholt) nnd endlich die Possen und Narrenspiele, in denen sich das alte 
Volksspiel der Fastnacht in einer etwas kunstvolleren Form mit derbem 
Behagen breit machte. Was auf dem Lande in der bescheideneren Art 
des maskierten Umzugs der jungen Burschen verblieb, das gedieh in den 
großen Städten zum Umfang und der Einrichtung des Bühnenspiels, 
und vor allen scheint Nürnberg der Mittelpunkt der Lustigkeit gewesen 
zu sein. Dort finden wir nachweisbare Dichter von Fastuachtschwänkcn, 
während sonst die Urheber dieser Spiele sich im bescheidenen Dunkel 
halten; in Nürnberg schreiben Hans Rosenblüt und Hans Folz, die 
Vorläufer des berühmtesten von allen diesen Dichtern, des Hans Sachs. 
Strengere Form haben erst die Gelehrten dem deutschen Drama 
gebracht. Von ihren Studenten ließen sie römische Komödien aufführen 
und verfaßten selbst lateinische Stücke, die bei feierlichen Gelegenheiten 
in der Schule zur Darstellung kamen. Auch zur Übersetzung in die 
Muttersprache wendete sich der eine und der andere. Dann müßen Plautus 
und Terenz deutsches Gewand anziehen: die plautinischen Namen wurden 
durch deutsche ersetzt, und statt in der altrömischen Phrase bewegten sich 
Heinz, Lutz und Bärbel in deutschen Sprichwörtern und volkstümlichen 
Bildern. Aber diese Anfänge führten nicht weiter. Die Nürnberger 
Schauspieldichter kümmerten sich wenig um das Beispiel der gelehrten 
Übersetzer; das deutsche Drama behielt die eintönig klappernden Reim¬ 
paare bei und war daher von aller lebensvollen Freiheit der Sprache, 
von allem Reiz eines künstlerisch geführten Dialogs vorläufig abgeschnitten. 
Trotz diesen und andern Unvollkommenheiten der äußern und der innern 
Form jedoch war das Drama des 14. und 15. Jahrhunderts die ein¬
	        
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